(Ein Erfahrungsbericht von Harald Schäfer, Fachberatung Landesverband der Gartenfreunde Baden-Württemberg e.V.)
Nach über 30-jähriger Erfahrung mit der ersten weiter verbreiteten rotfleischigen Wirtschaftsapfel-Sorte 'Weirouge' - relativ kleine, deutlich saure Äpfel mit einem ausgeprägten leicht bitteren "Rote-Beeren-Aroma", gerade gut für Apfelsaft- und Mostherstellung - war die Spannung groß, als drei neue rotfleischige Sorten, darunter die beiden Redloves® 'Calypso'® und 'Odysso'® als Spindeln auf M9 vergangenes Jahr zum ersten Mal eine richtige Ernte trugen, nachdem die Blüten 2017 dem heftigen Spätfrost komplett zum Opfer gefallen waren.
Und schmecke da, der neue Züchtungsanlauf hat sich gelohnt, alle drei Sorten lassen sich wirklich als Tafelapfel-Sorten einstufen, allerdings mit deutlichen Unterschieden und der Feststellung, dass möglicherweise der hohe Anthocyan-Gehalt oder mit ihm verbundene "Begleitstoffe" ein vom süßlich-flachen Mainstream abweichendes eigenständiges Geschmackserlebnis bescheren: Das "Rote-Beeren-Aroma" ist bei allen Sorten zu schmecken, wobei die beiden Redloves® dem "Gewohnten" noch am nächsten kommen, ebenso beim "Mundgefühl". Die dritte Sorte hat vom 'Weirouge' das nach dem Freisetzen des Saftes trockene Fruchtfleisch und den dadurch "kratzigen Abgang" geerbt - wir Schwaben benutzen dafür den treffenden Ausdruck "rogel".
Mit ihrer deutlichen, dabei aber nicht "unangenehm-zusammenziehenden" fruchtigen Säure sind alle drei Sorten nicht als "Kinderäpfel" einzustufen, Liebhaber "spritziger" Äpfel werden sie auch wegen ihres höheren gesundheitlichen Wertes schätzen - unsere kleine Ernte kam immer nur sonntagmorgens auf den Frühstückstisch.
Meine Erfahrungen mit Redlove® 'Calypso'®
Redlove® 'Calypso'® ist ein "runder" Frühherbstapfel mit der Lubera-typischen Knackigkeit, die sich auch lange hält. Einfach um zu sehen, wie sich die Fruchtbeschaffenheit verändert, ließ ich die letzten Früchte bis lange in den Oktober hinein am Baum hängen. Trotz der Überreife wurden sie nur leicht weicher, aber nicht ausgesprochen mehlig.
Der 'Calypso'® hat uns noch eine Überraschung bereitet: Ein Apfel entwickelte vermutlich aufgrund einer Knospenmutation außen eine andere Farbe - orangegelb mit rötlicher Streifung - und zeigte auch innen eine etwas weniger kräftige Rotfärbung mit schmalem weißem Rand - siehe Bild - eine beim Aufschneiden sehr überraschende Kombination. Leider enttäuschte sowohl die Fruchtfleischqualität - eher mehlig - und der sehr "flache" Geschmack. Wieder eine Bestätigung, dass es die Optik alleine eben nicht bringt...
Bild: links der normale Redlove® 'Calypso'® - rechts ein nicht entwickleter 'Calypso'®, vermutlich aufgrund einer Knospenmutation
Meine Erfahrungen mit Redlove® 'Odysso'®
Redlove® 'Odysso'® hat sich im Lager (alter privater "Luftschutzkeller" Baujahr 1939) bis Weihnachten gut gehalten und verliert nur sehr langsam an Knackigkeit. Sein volles Aroma zeigt er erst nach ein paar Wochen im Keller, trifft dann aber den Geschmack von uns "Alten" mit seiner leichten Säure, die er auch lange hält.
Problemlose Erziehung und gesunder Wuchs
Neben der Fruchtqualität sollte aber auch das Wuchsverhalten so sein, dass auch einem Obstliebhaber ohne "vertiefte Kenntnisse" und jahrelange Erfahrung das Erziehen einer Spindel oder einer Oeschberg-Krone gelingen kann.
Beide Lubera-Sorten wachsen eher kompakt, verzweigen sich gut und lassen sich als Spindel durch sommerliches Pinzieren problemlos "führen".
Da sich beide Sorten - wie übrigens die folgenden auch - als völlig gesund erwiesen - weder Schorf noch Mehltau konnten bisher festgestellt werden - wurden sie vergangenes Jahr zusätzlich als Hochstämme in meine Streuobstwiesen gepflanzt und werden dort optisch für Abwechslung sorgen.
Damit sei auf die Überschrift Bezug genommen: Dank der fast fluoreszierend hell-weinroten Blüte, die zugleich eine wertvolle Bienenweide ist, dem glänzend schokoladenbraunen Blattaustrieb, von dem auch im Sommer noch ein olivbrauner Hauch übrigbleibt und den leuchtend roten Früchten für den Gartenfreund und seine lieben tierischen Mitesser ;-) im Herbst sind die neuen Rotfleischigen auch eine Augenweide, also wirkliche Vielnutz-Gehölze.
Bild: Redlove® Odysso® - Knospe im Ballonstadium mit schokoladenbraunem Blattaustrieb
Bild: Redlove® Calypso® - mit offener - fast fluoreszierender - wunderschöner Blüte
Deshalb raus aus dem Vorgarten mit der nur während der zweiwöchigen Blütezeit attraktiven und danach langweilig-grünen Zierkirsche mit ihren ohnehin meist gefüllten und damit für Insekten wertlosen Blüte und Redlove®-Niederstämme auf mittelstarkwüchsigen Unterlagen gepflanzt!
Noch ein paar Beobachtungen an meinen anderen Lubera-Sorten:
Säulenapfel Redini® 'Cuckoo'®
Er hat letztes Jahr zum ersten Mal ein "Versucherle" getragen, geschmacklich wirklich ein Mittelding zwischen den Redloves und "gewohnten" Äpfeln, große Früchte mit attraktiver rot-weißer Fruchtfleischfarbe, saftig-knackig. Man darf gespannt sein, wie er sich noch entwickeln wird.
'Bionda® Patrizia'

Nach dem Ausdünnen wuchsen die Früchte zu wahren "Brummern" heran und sind hervorragend lagerfähig - ich habe noch 3 Versucherle für die nächsten 3 Monate bis April aufgehoben, jeden Monat eines.
Sie bleiben erstaunlich lange knackig-saftig, auch ohne "Wachsimprägnierung" wie der gute alte 'Brettacher' als Maßstab für die Lagerfähigkeit unter natürlichen Kellerbedingungen.
Geschmacklich fällt die 'Bionda Patrizia' für uns eher in die Kategorie "süßer Kinderapfel", aber hier erfüllt sie die Erwartungen.
Auch sie habe ich dem "Härtetest" einer (zu) langen Baumreife unterworfen - möglicherweise sind die Früchte deshalb etwas säurearm ausgefallen - und konnte beobachten, dass sich bei längeren Regenperioden in der dann "gefluteten" Stielgrube kleine Schalenrisse bilden, deshalb besser gleich ernten, wenn sich die Frucht bei leichter Drehung freiwillig vom Baum lösen lässt.
Paradis® 'Katka'
Als "'Klarapfel'-Geschädigter" - vom Baum weg hineingebissen wird das Unterhemd zu kurz und während des Herunterfallens wird er mehlig - glaubt man an ein Wunder, dass es so einen aromatisch-knackigen Frühapfel überhaupt geben kann. Sogar meine sehr kritische und dem "alten" eher säurebetonten Geschmacksideal huldigende "bessere Hälfte" war begeistert und das sagt mehr als tausend Worte.
Paradis® 'Sparkling'
Mein "Sorgenkind" hat leider knapp über der Veredelungsstelle einen erheblichen Rindenschaden über 2/3 des Stammumfangs erlitten und das bloßliegende Holz ist von einem holzzersetzenden Pilz befallen, vermutlich dem Gemeinen Spaltblättling (Schizophyllum commune), der mit seinen kleinen weißen konsolenartigen Fruchtkörpern auch die aus Unwissenheit oder falscher Sparsamkeit ungeschützten und deshalb aufgerissenen Stämme junger Straßenbegleitgrün-Ahornbäume "verziert". Er kämpft aber wacker, versucht den offenen Holzkörper tapfer zu überwallen und das Laub hält sich auch gut - so let´s hope for the best. Seine 3-4 Äpfel blieben trotz starkem Ausdünnen recht klein, machten durch ihre "Spritzigkeit" dem Sortennamen aber durchaus Ehre und was die Bildung von wertgebende Inhaltsstoffen betrifft, konnten sie sich jedoch vermutlich mangels ausreichender Versorgung nicht voll "austoben".
Maloni® 'Lilly'® und 'Sally'®
Bild: Maloni® 'Lilly'® - Mini-Apfelbäumchen mit mittelgrossen, sehr süssen Äpfeln
Bild: Maloni® 'Sally'® - Mini-Apfelbäumchen mit mittelgrossen, süss-sauren Äpfeln
So, und nun zuletzt unsere "Minis", die beiden Malonis® 'Lilly'® und 'Sally'®, die wir ja 2016 von Lubera für die Stuttgarter Gartenmesse bekommen haben:
Die beiden wurden nach der Messe in den Garten unserer Geschäftsstelle auf den Fildern gepflanzt, und zwar in einen richtigen (Löss)Lehm ca. 1 m entfernt einer Blockmauer, die die Rasenfläche von der ca. 50 cm tiefer liegenden Straße abgrenzt - also durchaus ein "Extremstandort". Letztes Jahr hatten beide - trotz sehr "extensiver" Pflege und nur sehr sporadischen Wassergaben in unserem Saharasommer - je ca. 10 Äpfelchen getragen, klein, aber fein und auch lange am Baum haltbar.
Üblicherweise hätte ich sie ausgedünnt, aber ich wollte testen, wie viele Äpfel die Bäumchen unter diesen Extrembedingungen wirklich bis zur Erntereife durchbringen - auch Pflanzenfreunde können ab und zu so richtig gemein sein...
Bei einem Überertrag besteht immer das Risiko, dass der Baum zu viele Nährstoffe für die Früchte verbraucht - Frucht = Samen = Vermehrung, und diese hat vor allem in Stresszeiten Vorrang - und deshalb zu wenig für den Neutrieb übrigbleibt - der Baum "vergreist". Auch Fruchtqualität und -größe bleiben bei Überbehang durch Unterversorgung hinter dem Möglichen zurück, daher spätestens bei etwa Daumennagelgröße der kleinen Äpfelchen nur so viele möglichst gleichmäßig verteilt am Baum belassen, dass auf 1 Frucht etwa 20 - 30 Blätter kommen.
Veredelung der Unterlagen - Züchtung bei Lubera
Das Konzept, genetische Zwerge auf eher stärkerwüchsige und damit sich ein größeres Bodenvolumen erschließende Unterlagen zu veredeln, anstatt normalwüchsige Sorten mit schwachen Unterlagen herunterzubremsen und sie damit zu "Intensivpatienten" zu machen, scheint mir eine richtige Antwort auf die sich ändernden klimatischen Verhältnisse zu sein!
Man darf also gespannt sein, was die nächsten Jahre hier an Neuem bringen werden.
Harald Schäfer
Fachberatung
Landesverband der Gartenfreunde
Baden-Württemberg e.V.