Natürlich habe nicht ich Amerika entdeckt, und auch die Ribes aureum sind schon lange bekannt. Die Vierbeeren® aber gehen auf mein Konto! Und das kam so:
Martin Weber, mein Züchterfreund mit dem viel zu kleinen Garten, der seine Pflanzen und Pflanzideen lange nicht alle aufnehmen kann, schickte mir Ribes aureum-Samen aus der Samenbank der USDA, der Amerikanischen Agrarbehörde. «Säe das mal aus, könnte was werden», meinte er. Und ich: «Ja aber das kennen wir ja aus dem Mittelstreifen der Autobahnen, trägt das überhaupt Früchte, sind die auch gut?». «Abwarten!», beschied Martin. Und ganz sicher hatte er noch einige entlegene Literaturstellen vorzuweisen, die auch den Geschmack beschrieben. Die hatten sein Interesse geweckt und nun sollten/wollten wir das ausprobieren. Das riesige Feld mit Ribes aureum-Sämlingen war aber für die ersten vier Jahr eigentlich nur biologisch nachwachsender Rohstoff. Mehr als nur einmal wollte ich sie wieder roden. Es war zum Verzweifeln! Die Goldjohannisbeeren wuchsen und wuchsen, nur sah ich keine Früchte. Aber dann begannen sie in einem Frühjahr wunderschön zu blühen, vielleicht hatte ich sie das Jahr vorher auch verpasst, und ich war erstaunt über die intensive Blüte und den reinen, filigranen Duft, der jede Nivea Creme in den Schatten stellt.
Im Juni wurden die Beeren immer dicker und dicker, im Juli färbten sie sich schwarz, was aber ihrer Säure noch lange keinen Abbruch tat. Dann aber, Anfang August, die ersten Beeren platzten schon bei einem Sommerregen, war plötzlich auch Zucker da, ein etwas fremd, ja exotisch anmutendes Aroma nach … ja nach Harz, nach Mango auch. Und kurz nach der Ernte begann bei den Goldjohannisbeeren der Herbst. Sie verloren einige Blätter, aber gleichzeitig begannen sich die restlichen Blätter auch wunderbar herbstlich rot und orange zu färben. Als Heckenpflanze für die Autobahnmittelstreifen, als Unterlagen und Stammbildner für Stachelbeer- und Johannisbeerstämmchen, so hatten wir Ribes aureum gekannt, aber nicht als eigene Fruchtart. Und nicht als Vierbeere® mit den 4 Vorteilen: Blüten, Duft, Beeren und Herbstfärbung!
So entdeckten wir neu, was wir schon kannten. Und natürlich selektionierten wir aus den Tausenden von Sämlingen die vier besten Sorten. Drei schwarze Vierbeeren, reifend Ende Juli bis Mitte August, und eine orange Sorte, die einen Monat früher reif, aber auch viel kleiner ist. Natürlich züchten wir unterdessen, mit der Hilfe von Steve und Martin schon wieder intensiv an den Vierbeeren weiter. Wieder stehen Tausende von Sämlingen auf unseren Feldern und wir hoffen, Neues zu finden: grössere orange Beeren, kompakten Wuchs und auch eine neue Farbe: Rot. Und wer weiss, vielleicht wartet da auch wieder eine Überraschung auf uns, etwas was wir nicht erwarten können, weil es das so noch nie gegeben hat.
Mitschurin mit Ribes Aureum in 1920er