Einfacher Feigenschnitt - wie radikal kann ich sein? Wie soll ich einen älteren Feigenbaum oder Feigenstrauch schneiden? Ich möchte ja auch dieses Jahr die süssen Früchte ernten… Solche und ähnliche Fragen hören wir häufig. Und wie im gesamten Netz haben auch wir schon diverse Artikel zum Feigenschnitt geschrieben. Aber ehrlich gesagt: Ich bin nicht sicher, ob diese langen Artikel wirklich die Anleitung geben, die die Feigenbaumbesitzer suchen. Entweder sind die Schnittanleitungen viel zu allgemein (schwaches Holz entfernen und nach innen wachsende Triebe einkürzen…) oder viel zu kompliziert und zu differenziert, so dass der geneigte Leser und unentschlossene Baumschneider am Schluss des Artikels erleichtert beschliesst, das mit dem Schneiden dieses Jahr vielleicht doch noch einmal zu lassen. (Auch unser grosser Feigenschnittartikel ‘Feigenbaum schneiden – wie geht denn das’, gehört wohl in diese Kategorie. Hier soll es im Wesentlichen um die wichtigsten 3 Regeln gehen. Und der daraus resultierende Schnitt soll bei jedem Feigenbaum funktionieren, ob er nun vorwiegend Sommerfeigen oder Herbstfeigen oder beides trägt (Twotimersorten).
Bild: Zu hoch gewordener Feigenbaum mit starkem vertikalen Wachstum
Inhaltsverzeichnis
- Einfacher Feigenschnitt - Ziele
- Kleine Erinnerung: Wo trägt der Feigenbaum seine Früchte?
- Wann schneiden?
- Einfacher Feigenschnitt: Die 3 wichtigsten Schnittregeln
- Einfacher Feigenschnitt - Regel 1
- Einfacher Feigenschnitt - Regel 2
- Einfacher Feigenschnitt - Regel 3
- Zusatzfrage: Was mache ich mit einem älteren Feigenbaum, der schon längst jeder Kontrolle entwachsen ist?
- Angstvolle Frage: Kann ein so zurechtgestutzter Feigenbaum überhaupt Früchte tragen?
Zusammenfassung
Feigen schneiden muss nicht kompliziert sein. Um vor dem Baum nicht zu ‘versagen’ (was bitte muss jetzt wirklich weg??)), ist es hilfreich, sich an 3 klare Regeln zu halten. Der einfache Feigenschnitt hält die Feigenbäume in einer vernünftigen Grösse und Höhe von 2-3m und führt zu regelmässigem Ertrag. Er beruht auf nur 3 klaren Regeln: 1. Starke, lange und aufrechtwchsende Äste auf Stummel entfernen. 2. Schwaches und abgetragenes Holz entfernen. 3. Fruchtbare mittelstarke Äste mit schon im Februar erkennbaren Feigenknospen stehen lassen
Einfacher Feigenschnitt - Ziele
Wenn ein Feigenbaum im Topf oder auch ausgepflanzt mal die ersten Jahre überlebt hat und er etabliert ist, kann ihn so schnell nichts mehr aus der Ruhe bringen (ausser ein Jahrzehnte-Winter, der dann die ungeliebte Schnittarbeit für uns gleich miterledigt). Ansonsten wächst der Feigenbaum und wächst und wächst – und bald schon gibt es pflückreife Feigen nur noch weit oben ausserhalb unserer Reichweite. Müssen wir Feigen wirklich mit der Leiter (oder wahlweise mit dem Hubschrauber) ernten? Das muss nicht ein, wenn man den richtigen Schnitt anwendet.
Ein erstes Hauptziel ist es also, den Feigenbaum oder Feigenstrauch (zu den beiden Baumformen habe ich auch einen Artikel geschrieben) in einer vernünftigen Grösse von 2-3 m zu halten.
Und natürlich soll der richtig geschnittene Feigenbaum möglichst jedes Jahr Früchte tragen. Dies wäre dann selbstverständlich unser zweites Hauptziel.
Bild: Feigenfrüchte am Ast
Kleine Erinnerung: Wo trägt der Feigenbaum seine Früchte?
Der Feigenbaum trägt fast ausschliesslich am diesjährig wachsenden Holz (hier entstehen die Herbstfeigen) und am letztjährigen Holz, das die Sommerfeigen hervorbringt. Damit erklärt sich auch das Bestreben, den Feigenbaum und Feigenstrauch auf einer menschlichen Höhe von 2-3 m zu halten: Lässt man ihn ohne Schnitt immer weiter wachsen, so entsteht neues fruchtbares Holz bald nur noch ausserhalb unserer Reichweite.
Bild: Herbstfrüchte am diesjährigen Holz
Bild: Sommerfeigen an der Spitze eines letztjährigen Triebes.
Wann schneiden?
Geschnitten wird in der Vegetationsruhe vor dem Austrieb, also im Februar und März. Nur zu dieser Jahreszeit sind allfällig vertrocknete Triebe gut zu erkennen und auch die langsam entstehenden, schon stecknadelgrossen Blütenfeigen und Jungfrüchte sind im Februar schon gut sichtbar. Das hilft dann, die richtigen Äste stehen zu lassen…
Einfacher Feigenschnitt: Die 3 wichtigsten Schnittregeln
Und nun kommen wir kurz und knapp zu den 3 wichtigsten Schnittregeln, die - konsequent angewendet - den Baum kompakt und fruchtbar halten.
Einfacher Feigenschnitt - Regel 1
Starke, letztjährige oder auch zweijährige Triebe auf Zapfen/Aststummel zurückschneiden. Starke, dicke, vor allem nach oben wachsende und sehr lange Triebe (50-150cm lang) werden konsequent auf Stummel zurückgeschnitten. Ja: Auf Stummel. Bei der Feige wird eigentlich nie auf Astring geschnitten, da wir ja immer sicherstellen möchten, dass aufgrund des starken Schnitts möglichst viele neue Triebe entstehen. Wir erinnern uns: Frische Äste sind gleichbedeutend mit Fruchtertrag, da Früchte fast ausschliesslich am diesjährigen und letztjährig entstandenen Holz gebildet werden. Neues Wachtum bedeutet mehr Ertrag…
Bild: Starke aufrechtwachsende Äste in Vegetationsperiode.
Bild: Zurückgeschnittener Ast bzw. Aststummel
Einfacher Feigenschnitt - Regel 2
Schwache Äste entfernen. Schwache Treibe in Bleistiftdicke und dünner werden konsequent entfernt, sie bringen uns und dem Baum fast gar nichts. Auch hier lässt man in der Regel einen Stummel. Eventuell ist der Feigenbaum ja durch den starken Rückschnitt getriggert und gewillt, aus dem Stummel einen neuen Fruchttrieb wachsen zu lassen. Ebenso werden mittelstarke und schwache abgetragene Äste entfernt, die im Vorjahr Früchte getragen haben
Bild: Dünne schwache Äste
Einfacher Feigenschnitt - Regel 3
Mittelstarke letztjährige Triebe stehen lassen, vor allem wenn an deren Spitze die Sommerfeigenknospen zu sehen sind
Mittelstarke, eher flache als steile Äste mit tendenziell kurzen Internodien können stehengelassen werden. Letztlich kann man die fruchtbaren Äste noch genauer identifizieren, wenn man sie näher betrachtet: Diese Triebe, die wir stehen lassen wollen, zeigen an der Triebspitze und meist kurz darunter kleine stecknadelgrosse Blütenknospen und Jungfrüchte, die sich über den Spätherbst und im Winter entwickelt haben. Aus diesen winzigen Blütenfeigen oder Blütenknospen werden die Sommerfeigen entstehen, wenn es sich um eine Twotimer®-Sorte mit zweifachem Ertrag oder eine Sommer-Feige (auch Breba-Feige genannt) handelt.
Bild: Mittelstarke Triebe mit Blütenknospen, Jungfeigen
Zusatzfrage: Was mache ich mit einem älteren Feigenbaum, der schon längst jeder Kontrolle entwachsen ist?
Und wenn mein Feigenbaum schon längst alle Dimensionen gesprengt hat und die neuen Triebe nur noch himmelnah entstehen, was mache ich dann? Die Antwort ist ganz einfach: Brutal runterschneiden auf ca. 150 cm! Die Feige hat die Fähigkeit, auch aus alten undifferenzierten Ästen und Rindenteilen wieder neue Knospen und auch Äste zu entwickeln, und genau dies wird der radikal geschnittene Feigenbaum nach einer solchen ‘Kur’ auch machen. Ist die harte Schneidearbeit einmal getan, so kann man dann in den Folgejahren auf unseren oben beschriebenen Feigen-Standardschnitt mit den 3 Regeln wechseln.
Angstvolle Frage: Kann ein so zurechtgestutzter Feigenbaum überhaupt Früchte tragen?
Und wie er kann! Wir haben ja genau die mittellangen, mittelstarken und eher kompakten Äste stehengelassen, die an der Spitze die Sommerfrüchte bringen werden. Natürlich immer unter der Voraussetzung, die Sorte ist in der Lage, neben den Herbstfrüchten auch Sommerfrüchte zu produzieren und die im Winter differenzierten Feigen-Knospen haben den Winter überlebt. Und die zahlreichen neu entstehenden Äste auf der richtigen Höhe werden Herbstfeigen in Vielzahl hervorbringen, die dann ab Anfang September bis in den Oktober hinein reif werden. Schlaraffenland pur - und die süssen Früchte immer nur eine Armeslänge entfernt.
Bild: Zwei ideal geschnittene Bäume
Alter der Zweige