Sind meine Pflanzen winterhart, fragen sich viele Garten- und Balkonbesitzer regelmäßig im Herbst. In vielen Fällen ist die Frage schnell zu beantworten, aber in genauso vielen Fällen besteht Unsicherheit. Daher habe ich in diesem Beitrag eine Checkliste zusammengestellt, die helfen soll, in Sachen Winterhärte eine zuverlässige Einschätzung zu treffen.
Inhaltsverzeichnis
- Was bedeutet 'winterhart' bei Pflanzen? Botanische Erklärungen
- Die Evolution der Pflanzen
- Die Pflanzenzelle - das bedrohte Wesen
- Verdursten im Winter
- Wie sich Pflanzen schützen
- Bedingungen für Winterhärte - eine Checkliste
- Winterhart, winterfest, bedingt winterhart - eine Definition
- Die Region und der Winter
- Mikrostandort
- Herkunft
- Die Bezugsquellen
- Das äußere Erscheinungsbild
- Alter und Akklimatisierung
- Fazit
Wenn ihr unsicher seid, ob eure Pflanze winterhart ist, könnt ihr euch gerne mit einer Frage am Ende des Beitrags melden.

Frost kann der Blüte des Mittelmeerschneeballs nichts anhaben.
Was bedeutet 'winterhart' bei Pflanzen? Botanische Erklärungen
Um das Phänomen der Winterhärte besser zu verstehen, hilft es, einen Blick auf die Botanik zu werfen.
Die Evolution der Pflanzen
Als Lebewesen haben sich Pflanzen über einen sehr langen Zeitraum an einen bestimmten Standort angepasst. Pflanzen sind immobil, daher sind sie in nahezu vollständig an einen Standort gebunden. Sie können nur mit einer nächsten Generation den Standort wechseln, indem sie ihren Samen und Früchte verteilen. Kommt es bei einer Pflanze aber zu einer gravierenden Änderung der Standortbedingungen, kann das die Physiologie der Pflanzen überlasten und sie stirbt an Hitze, Nässe, Trockenheit Frost - je nachdem, welcher Standortfaktor sich für die Pflanze durch den Ortswechsel extrem entwickelt.
Ortswechsel kommen in der Natur eigentlich nicht vor. Der Mensch ist es, der Pflanzen über die Kontinente verteilt. Um die Pflanzen vor Erfrieren zu schützen, haben sich Botaniker und Gärtner seit Jahrhunderten vieles einfallen lassen, um die Pflanzen zu schützen. Palmenhäuser und Orangerien sind entstanden. Nur in der Züchtung von Winterhärte ist man bis heute noch nicht weitergekommen.
Die Pflanzenzelle - das bedrohte Wesen
Die Ursache für fehlende Züchtungserfolge ist die komplizierte Genetik von Pflanzen. Die Bedrohung von Pflanzen durch Frost liegt am hohen Wassergehalt in den Pflanzenzellen. Friert es und hat die Pflanze viel Wasser in den Zellen, dehnt sich dieses aus und die Zelle wird zerstört. Der betroffene Pflanzenteil oder die gesamte Pflanze stirbt ab. Wenn es nur einzelne Pflanzenteile wie Blüten, Blätter oder junge Zweige sind können die meisten Pflanzen dieses durch Neuaustrieb ersetzen - ein Überlebensmechanismus der für die immobilen Pflanzen zentral ist. Betrifft die Schädigung aber weite Teile der Pflanze und auch die Wurzeln wird der Frostschaden zur tödlichen Lebensgefahr.

Bei einer Lagerstromia verfärbt sich das Laub und wird bald abfallen.
Verdursten im Winter
Allerdings ist nicht nur die Zerstörung der Zellen durch Frost eine tödliche Gefahr bei Pflanzen, die nicht winterhart sind. Bei immergrünen Pflanzen, die draußen Frost ausgesetzt sind, kann es auch zur 'Verdunstung' kommen. Auch hier liegt es an fehlender Anpassung an winterliche Witterung, betroffen sind immergrüne Pflanzen wie etwa Kamelien. Wenn im späten Winter nach einer kalten Frostnacht eine schon kräftigere Sonne die grünen Blätter erwärmt, setzen dort die Stoffwechselprozesse ein, die zur Photosynthese gehören. Dazu benötigt die Pflanze Wasser, dass sie aus den Wurzeln bezieht. Die Wurzeln aber sind im gefrorenen Boden, der kein Wasser hergibt. Es fehlt den Blattzellen also an Wasser zur Kühlung und zur Photosynthese. Die Pflanze vertrocknet.
Wie sich Pflanzen schützen
Winterhart ist eine Pflanze also dann, wenn sie sich gegen die Hauptbedrohungen des Winters - Erfrieren und Verdursten- schüzten kann. Dafür gibt es drei Hauptmechanismen - Laubabwurf, Verholzung und Entwässerung. Wenn sich im Herbst unsere heimischen Bäume erst gelb und dann rot verfärben und dann anschließend das Laub abwerfen, dient das bekannter Maßen dem Schutz vor Erfrieren und Verdursten. Mit dem Laub fällt auch der Wasserdruck runter, die Pflanze entwässert sich. Auch die Verholzung schützt eher langfristig, sowohl durch eine Isolierung als auch durch eine stärkere Unabhängigkeit der Pflanze vom Wasserhaushalt.
Dieses Schutz entwickelt die Pflanze nur, wenn sie es in ihrem genetischen Programm hat. Wenn das genetische Programm aber keinen Winter kennt, fehlen die Schutzmechanismen, es kommt zum Erfrieren und Verdursten. Um das zu verhindern, müssen wir nicht winterharte Pflanzen reinstellen. Aber auch winterharte oder nur bedingt winterharte Pflanzen müssen unterstützt werden. Sie müssen genug Zeit haben, um auszuhärten. Wächst eine Pflanze noch bis in den Oktober hinein, weil dieser golden ist, können neue, nicht ausgehärtete Triebe leicht von Frost zerstört werden. Pflanzen müssen also Zeit zum Aushärten haben, was ein Grund für die Beendigung der Düngung spätestens im September ist.
Bedingungen für Winterhärte - eine Checkliste
Um herauszufinden, ob eine exotische oder mediterrane Pflanze winterhart ist, sollten einige Aspekte beachtet werden, die über die Winterhärte entscheiden.
Winterhart, winterfest, bedingt winterhart - eine Definition
Verwirrend mag die Vielfalt der verwendeten Bezeichnungen erscheinen. So gibt es keinen Unterschied zwischen winterhart, winterfest oder frosthart. Wenn diese deutschen Begriffe verwendet werden, dann muss Winterhärte für den gesamten deutschsprachigen Raum gelten (vielleicht ausgenommen den hochalpinen Bereich). Von bedingt winterharten Pflanzen spricht man dann, wenn die Winterhärte nicht vollständig ist, wie etwa beim Olivenbaum. Diese Gruppe ist die eigentlich interessante Pflanzengruppe, denn bei ihr kann man Möglichkeiten erkunden, ob die Überwinterung im Freiland in einer bestimmten Region möglich ist. Manchmal liest man auch, eine Pflanze sei 'winterhart mit Winterschutz*'. Auch diese Aussage bedeutet nichts anderes als eine bedingte Winterhärte, bei der man detailliert erkunden muss, wie denn die Bedingungen für Winterhärte sind. Man merkt also auch, dass Winterhärte ein relativer Begriff ist, der von einer Pflanze und der Region abhängt, wo die Pflanze stehen soll. Schließlich sind nicht winterharte Pflanzen unter keinen Bedingungen winterhart, sie vertragen so wenig Frost, dass sie vor diesem in jedem Fall geschützt werden sollten.

Der Winter -hier als allegorische Figur- fällt von Region zu Region unterschiedlich aus.
Die Region und der Winter
Die Winterhärte der Pflanzen hängt zunächst vom Winter selbst ab und davon wie kalt und/oder nass dieser wird. Ihr solltet die winterlichen Bedingungen in Eurer Region gut kennen, bevor ihr empfindliche Pflanzen für den Garten und die Überwinterung draußen anschafft. Leider etwas veraltete Informationen liefert eine Karte mit Winterhärtezonen, die ursprünglich für die USA vom US-Departement of Agriculture entwickelt wurde. Auch wenn sich die Temperaturen in den letzten Jahren erhöht haben, ist die regionale Verteilung der Temperatur stabil. Wärmend wirken Flüsse und die Meere an den Küsten. Dort, wo die wärmere Luft vom Atlantik schlechter hinkommt und wo Höhenlagen und viele Täler vorherrschen, wird es kälter.
Der beste Weg die Winterkälte einer Region einzuschätzen, ist die bestehende Vegetation zu beobachten. Wenn in einer Region Weinanbau stattfindet, ist sie meistens deutlich milder. Wenn ihr ausgepflanzt Zypressen und Feigenbäume seht, ist auch das ein Zeichen für milde Winter. Es hilft auch, sich mit Gärtnern und Landwirten über das Winterwetter zu unterhalten. Diese haben meistens langjährige Erfahrungen.
Mikrostandort
Neben der Region, in der die Pflanze den Winter überdauern soll, ist auch noch der konkrete Standort im Garten entscheidend. Dieser Standort und seine Bedingung wird auch als Mikrostandort bezeichnet. Wichtig ist vor allem, ob eine mediterrane Pflanze geschützt oder freistehend und ungeschützt überwintern muss. Im letzteren Fall ist eine stärkere Winterhärte erforderlich als bei einem geschützten Mikrostandort. Dieser ist nah an einem Haus, das Wärme abgibt. Ideal ist auch ein Überdachung, die die Pflanze vor dem Auskühlen schützt.
Herkunft
Über das Winterklima hierzulande kann und muss man also viele Informationen sammeln, um herauszfinden, ob bestimmte Pflanzen winterhart sind. Aber natürlich hängt die Winterhärte auch von der Pflanze selbst und ihrer Herkunft ab. Aus dem Schneider ist man, wenn es vollständige und vertrauenswürdige Informationen über die botanische Art und Sorte einer Pflanze gibt. Diese Informationen sollte man verlangen, denn nur so lässt sich problemlos recherchieren, ob die Pflanze winterhart ist. Fehlen diese Angaben bei einer mediterranen Pflanze, wäre es für mich ein Grund, sie nicht zu kaufen. Ideal sind natürlich Angaben über Mindesttemperaturen, meine persönliche Temperatur-Toleranz-Liste ist über die Jahre entstanden und wird von Winter zu aktualisiert.
Kostengünstige mediterrane Pflanzen mit allen notwendigen Informationen findet Ihr übrigens im Lubera Shop.

Exoten, die nicht winterhart sind, sind in einer Orangerie während des Winters ideal untergebracht.
Die Bezugsquellen
Es gibt leider einige Pflanzenhändler ohne Pflanzenwissen, auch in Gartencentern ist das Wissen über exotische Pflanzen manchmal nicht sehr ausgeprägt. Das ist nicht schlimm, solange nicht Kompetenz vorgetäuscht wird. Man sollte also Pflanzen dort beziehen, wo der Verkäufer nah an der Produktion der Pflanzen ist wie etwa in Baumschulen oder Gärtnereien. Besonders vorsichtig sollte man bei Aussagen zur Winterhärte sein. Ein negatives Beispiel sind uralte, wunderschöne Olivenbäume, die als in Deutschland winterhart verkauft werden. Olivenbäume sind nicht winterhart, sondern in wintermilden Regionen nur bedingt winterhart. Manchmal verleitet der Verkaufsdruck Händler zu Zusagen zur Winterhärte, die nicht eingehalten werden können. Eine Möglichkeit, die Aussage zu überprüfen, ist, sich eine Referenz, also einen Kunden mit der gleichen Pflanze in der gleichen Region, nennen zu lassen.
Das äußere Erscheinungsbild
Auch die Pflanze selbst verrät etwas darüber, ob sie winterhart ist oder nicht. Nicht verholzte Pflanzen sterben in der Regel zumindest in den oberirdischen Pflanzenbestandteilen im Winter bei Frost ab, das gilt auch für Weiches Holz. Herbstlicher Laubabwurf im Freiland wie beim Feigenbaum ist ein untrügerisches Zeichen für eine Anpassung an winterliche Bedingungen, aber noch kein ausreichender Hinweis für Winterhärte. Grundsätzlich sind ältere, stärker verholzte Pflanzen winterhärter als junge Pflanzen mit vielen weichen Trieben.
Alter und Akklimatisierung
Auch wenn sich eine Pflanze nicht auf Winterhärte umprogrammieren lässt, so ist doch durchaus eine gewisse Akklimatisierung möglich. Ich empfehle bei bedingt winterharten Pflanzen wie etwa dem Olivenbaum eine junge Pflanze zu kaufen und diese im Kübel an winterliche Bedingungen zu gewöhnen. Auf diese Weise lässt sich vieles über die Pflanze und auch über den eigenen Winterstandort lernen.
Fazit
Es ist und bleibt eine Herausforderung, exotische Pflanzen hierzulande zu kultivieren. Es lohnt sich aber, denn diese Pflanzen sind nicht nur wunderschön, sondern vermitteln uns auch einiges über die natürlichen Lebensbedingungen in ihrer Heimat. Ob die Pflanzen in einer bestimmten Region und an einem bestimmten Mikrostandort winterhart sind, muss man sorgfältig prüfen und in manchen Fällen durch eigene Erfahrung lernen. Man sollte vermeiden, sich zu leicht auf leichtfertige und zu optimistische Aussagen zur Winterhärte zu verlassen. Wenn wir Pflanzen kaufen, nehmen wir ein Lebewesen in Obhut und tragen die Verantwortung für dessen Wohlergehen.
Ich habe ein Glashaus seid diesem Jahr. Gekauft habe ich mir einen Jasminstrauch, eine Polygala und Dipladenia, die nicht blühen, kann das durch die Markise kommen, die die Sonne nicht an die Pflanzen lässt? Unter anderem habe ich ein Olivenbäumchen, ein Zitrusbäumchen , einen Oleander und eine Gardenia . Ich glaube diese Pflanzen fühlen sich im Glashaus wohl.
Was hält sich denn sonst gut in einem Glashaus. In der Gärtnerei habe ich wenig Erfahrung festgestellt. Über eine Antwort würde ich mich freuen.
LG
Marlies Schiefen
Guten Tag Frau Schiefen,
Ihre Vermutung ist richtig. Blühende Kübelpflanzen brauchen meistens die direkte Sonneneinstrahlung. Fehlt es an Sonne fällt die Blüte klein oder ganz aus. Welche Pflanzen im Glaushaus gedeihen, hängt wesentlich von der Temperatur ab. Es gibt Kalthaus- und Warmhaus-Pflanzen sowie Pflanzen für den temperierten Wintergarten. Ein Warmhaus ist in der Regel aufgrund der hohen Heizkosten unerschwinglich. Typischer ist dagegen das Kalthaus. In meinem Beitrag Pflanzen für den Wintergarten finden Sie eine Übersicht über mögliche Pflanzen.
Bei weiteren Fragen dürfen Sie sich gerne melden.
Viele Grüße
D. Große Holtforth