Als Kind saß ich oft draußen im Garten und staunte über die vielen Beinchen der Tausendfüßer, die scheinbar endlos über den Boden wuselten. Heute weiß ich: Diese faszinierenden Krabbler haben eine entscheidende Funktion im Garten. Sie zersetzen organisches Material, verbessern die Bodenstruktur und fördern das Bodenleben. Doch wie genau helfen sie deinem Garten – und was kannst du tun, damit sie sich dort wohlfühlen, ohne überhandzunehmen? Erfahre hier, warum Tausendfüßer unverzichtbare Nützlinge sind und wie du ihr ökologisches Potenzial optimal nutzt.
Inhaltsverzeichnis
- Tausendfüßer: Urzeitliche Überlebenskünstler
- Von Mini-Krabblern bis zu tropischen Riesen – die Größenvielfalt der Tausendfüßer
- Tausendfüßer oder Hundertfüßer? Oft verwechselt!
- Hundertfüßer – blitzschnelle Räuber mit Giftklauen
- Tausendfüßer – langsame Bodenakrobaten mit wichtiger Aufgabe
- Schnurfüßer & Bandfüßer: Die häufigsten Vertreter im Garten
- Lebensraum von Tausendfüßern – Wo sie sich wohlfühlen
- Ihre Rolle als natürliche Recycler
- Tausendfüßer im Kompost – Unermüdliche Helfer im Zersetzungsprozess
- Von Ei zu Krabbler – So entwickeln sich Tausendfüßer
- Lebenszyklus
- Besonderheit: Fortpflanzung ohne Männchen
- Langsames Wachstum und natürliche Regulierung
- Tausendfüßer: Nützling oder Schädling?
- Vorsicht im Gewächshaus: Tausendfüßer lieben feuchtwarmes Klima
- Tausendfüßer im Haus: Was tun?
- Welche Pflanzen können betroffen sein?
- So schützt du deine Beete und Töpfe
- Tausendfüßer im Garten willkommen heißen – so geht’s!
- Drei überraschende Fakten, die du noch nicht kanntest
Zusammenfassung
- Tausendfüßer (Myriapoda) gehören zu den Gliederfüßern (Arthropoda) und sind eng mit Insekten, Spinnentieren und Krebstieren verwandt. Sie spielen eine wichtige Rolle im Bodenökosystem.
- Sie zersetzen abgestorbenes Pflanzenmaterial und tragen zur Humusbildung sowie zur Verbesserung der Bodenstruktur bei. Damit fördern sie die Nährstoffkreisläufe und das Bodenleben.
- Die meisten Arten sind harmlos und nützlich, da sie organische Stoffe abbauen. Nur wenige Arten knabbern gelegentlich an Keimlingen oder weichen Wurzeln, wenn das Nahrungsangebot knapp ist.
- Besonders häufig im Garten sind Schnurfüßer und Bandfüßer, die sich unter Laub, Totholz oder in Komposthaufen aufhalten und dort aktiv an der Zersetzung von Pflanzenresten mitwirken.
- Tausendfüßer vermehren sich langsam und durchlaufen mehrere Häutungen, bevor sie ihre endgültige Anzahl an Beinchen erreichen. Einige Arten können mehrere Jahre alt werden.
- Natürliche Feinde wie Laufkäfer, Igel, Kröten oder Vögel helfen, die Population im Gleichgewicht zu halten. Ein vielfältiger Garten mit Unterschlupfmöglichkeiten fördert dieses natürliche Gleichgewicht.
- Feuchte, humusreiche Böden sind ihr bevorzugter Lebensraum. Wer Tausendfüßer als Nützlinge unterstützen möchte, kann Laubhaufen, Totholz oder eine Benjeshecke im Garten anlegen.
- Tausendfüßer im Haus sind harmlos, können aber lästig sein. Regelmäßiges Lüften, das Abdichten von Spalten und trockene Bodenverhältnisse helfen, sie fernzuhalten.
- Im Gewächshaus können sie sich stark vermehren, wenn es dauerhaft feucht und warm ist. Durch regelmäßige Belüftung und Bodenlockerung lässt sich eine Überpopulation vermeiden.
Tausendfüßer: Urzeitliche Überlebenskünstler
Tausendfüßer (Myriapoda), in der Schweiz und Süddeutschland "Tausendfüssler" genannt, gehören zu den ältesten Landtieren unseres Planeten. Fossilien belegen, dass ihre Vorfahren bereits vor über 400 Millionen Jahren existierten – lange bevor Dinosaurier die Erde bevölkerten. Gemeinsam mit Insekten (Insecta), Spinnentieren (Arachnida) und Krebstieren (Crustacea) zählen sie zu den Gliederfüßern (Arthropoden), der artenreichsten Tiergruppe der Erde. Heute sind mehr als 13.000 Arten bekannt, die in unterschiedlichste Lebensräume vorgedrungen sind – von feuchten Wäldern über Wüsten bis hin zu Höhlensystemen.
Bild: Dieses Tausenfüßer-Exemplar gehört zu den ganz grossen, tropischen Arten.
Tausendfüßer (Myriapoda) bilden eine eigenständige Gruppe innerhalb der Gliederfüßer (Arthropoda) und werden in vier Hauptklassen unterteilt:
- Doppelfüßer (Diplopoda) – die größten Vertreter, meist Pflanzen- und Laubfresser. Sie haben zwei Beinpaare pro Segment.
- Hundertfüßer (Chilopoda) – schnelle Jäger mit Giftklauen. Sie haben ein Beinpaar pro Segment und sind räuberisch, weshalb sie keine echten Tausendfüßer sind.
- Wenigfüßer (Pauropoda) – winzige Bodenbewohner, die sich von Pilzen ernähren und oft nur wenige Millimeter groß werden.
- Zwergfüßer (Symphyla) – ähneln winzigen Hundertfüßern, leben unter der Erde und ernähren sich von Pflanzenwurzeln und abgestorbenem Material.
Fun Fact: Trotz ihres Namens haben die meisten Tausendfüßer gar keine 1000 Füße – die meisten Arten kommen nur auf einige Dutzend bis wenige Hundert Beinchen. Besonders spannend ist die Entdeckung von Eumillipes persephone in Australien im Jahr 2021. Mit über 1300 Beinen ist er der erste echte »Tausendfüßer« und hält damit den Rekord für die meisten Beine im Tierreich. Diese Funde zeigen, wie vielfältig diese Tiere sind und dass sie uns immer wieder überraschen können.
Von Mini-Krabblern bis zu tropischen Riesen – die Größenvielfalt der Tausendfüßer
Es gibt sie in einer beeindruckenden Bandbreite an Größen – von winzigen Millimeter-Krabblern bis hin zu imposanten tropischen Riesen. Die kleinsten Vertreter, darunter einige Wenigfüßer (Pauropoda), messen gerade einmal 0,5 bis 2 mm. Zwergfüßer (Symphyla) sind mit 2 bis 10 mm ebenfalls kaum größer. In Mitteleuropa erreichen typische Doppelfüßer, wie der Gemeine Bandfüßer (Julus scandinavius), meist 2 bis 5 cm, während größere Arten, etwa der Schwarze Schnurfüßer (Tachypodoiulus niger), bis zu 8 cm lang werden können.
Doch die wahren Giganten leben in den Tropen: Der Afrikanische Riesentausendfüßer (Archispirostreptus gigas) kann in seiner natürlichen Umgebung bis zu 26 cm lang werden. In geschützten Terrarien erreichten einzelne Exemplare sogar beeindruckende 32 cm. Diese enorme Größenvielfalt zeigt, wie anpassungsfähig Tausendfüßer sind – egal ob in feuchten Waldböden Europas oder im tropischen Regenwald.
Tausendfüßer oder Hundertfüßer? Oft verwechselt!
Auf den ersten Blick sehen Hundertfüßer (Chilopoda) und Tausendfüßer (Myriapoda) ähnlich aus – viele Beine, langer Körper, flinke Bewegungen. Doch es gibt einige klare Unterschiede:
Hundertfüßer – blitzschnelle Räuber mit Giftklauen
Hundertfüßer (Chilopoda) sind flach gebaut, extrem beweglich und perfekt für die Jagd ausgerüstet. Mit nur einem Beinpaar pro Körpersegment bewegen sie sich schnell und schlängelnd, während ihre vorderen Gliedmaßen zu Giftklauen umgewandelt sind, mit denen sie Insekten und andere Kleintiere überwältigen.
Hundertfüßer werden in vier Hauptordnungen unterteilt:
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Spinnenläufer (Scutigeromorpha): Sehr schnelle, langbeinige Hundertfüßer, die häufig in Häusern anzutreffen sind und blitzschnell über Wände huschen. Ein bekanntes Beispiel ist der Spinnenläufer Scutigera coleoptrata, auch als Spinnenassel bezeichnet, welcher ursprünglich aus wärmeren Regionen stammt, sich jedoch als Kulturfolger in Mitteleuropa verbreitet hat.
Bild: Der Spinnenläufer (Scutigera coleoptrata) ist ein blitzschneller Jäger, der Insekten und Schädlinge erbeutet – völlig harmlos für Menschen, aber effektiv gegen Ungeziefer!
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Steinläufer (Lithobiomorpha): Flache, meist unter Steinen lebende Hundertfüßer, die sich ruckartig bewegen. Zu den heimischen Arten gehört der Lithobius forficatus, der gerne unter Steinen oder in Wäldern lebt.
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Erdläufer (Geophilomorpha): Diese wurmartigen Hundertfüßer haben viele Beinpaare und leben größtenteils unter der Erde. Mit ihrem schmalen, wurmähnlichen Körper graben sie sich durch den Boden und jagen kleine Wirbellose. Trotz ihrer versteckten Lebensweise sind sie gefürchtete Räuber für alles, was klein genug ist, um in ihr Beuteschema zu passen.
Bild: Der Erdläufer (Geophilomorpha) ist ein räuberischer Hundertfüßer, der im Boden jagt und sich blitzschnell durch Erde und Laubstreu bewegt. Mit seinen scharfen Kiefern erbeutet er Insektenlarven, Würmer und andere Kleintiere.
Tausendfüßer – langsame Bodenakrobaten mit wichtiger Aufgabe
Tausendfüßer (Diplopoda) sind das komplette Gegenteil der Hundertfüßer: Sie sind rundlicher gebaut, bewegen sich langsamer und sind völlig harmlos. Sie besitzen zwei Beinpaare pro Körpersegment und bewegen sich in gleichmäßigen, wellenartigen Bewegungen vorwärts. Ihre Hauptaufgabe ist das Zersetzen von abgestorbenem Pflanzenmaterial und die Humusbildung im Boden.
Anstatt sich aktiv zu verteidigen, setzen Tausendfüßer auf eine andere Überlebensstrategie: Bei Gefahr rollen sie sich einfach zusammen und warten ab. Einige Arten setzen zusätzlich auf chemische Abwehrmechanismen, indem sie übelriechende Wehrsekrete absondern, die Fressfeinde abschrecken.
Tausendfüßer werden in vier Hauptordnungen unterteilt:
- Schnurfüßer (Julida) – die häufigsten Vertreter, mit langgestrecktem Körper und vielen Beinpaaren, die meist in Laub und unter Totholz zu finden sind.
- Bandfüßer (Polydesmida) – flacher Körper mit seitlichen Auswüchsen, die oft giftige Wehrsekrete absondern. Sie sind bekannt für ihre Fähigkeit, sich bei Gefahr zusammenzurollen und dabei giftige Substanzen auszusondern.
- Glomerisartige (Glomerida) – kugelige Körper, die sich bei Gefahr zusammenrollen können, wodurch sie eine effektive Verteidigung bieten.
- Riesentausendfüßer (Spirobolida und Spirostreptida) – große, tropische Arten, die bis zu 30 cm lang werden können und in warmen, feuchten Regionen beheimatet sind.
Bild: Schnurfüßer (Julida) sind flinke Zersetzer, die mit ihren vielen Beinpaaren blitzschnell unter Laub und Totholz verschwinden. Sie helfen nicht nur bei der Humusbildung, sondern sind auch Meister im Verstecken – bei Gefahr rollen sie sich einfach zusammen!
Schnurfüßer & Bandfüßer: Die häufigsten Vertreter im Garten
Wenn dir im Garten ein Tausendfüßer über den Weg krabbelt, handelt es sich meist um einen Schnurfüßer (Julida) oder, seltener, einen Bandfüßer (Polydesmidae). Diese beiden Gruppen sind die häufigsten Vertreter in Mitteleuropa und leisten einen unschätzbaren Beitrag zur Bodenverbesserung.
Schnurfüßer sind langgestreckte, schlanke Tausendfüßer mit einem runden Körperquerschnitt. Besonders verbreitet sind der Gemeine Schnurfüßer (Julus scandinavius) und der Schwarze Schnurfüßer (Tachypodoiulus niger), die je nach Art zwischen 2 und 8 cm lang werden. Sie fühlen sich unter Laubhaufen, in Kompost oder unter alten Holzstücken besonders wohl und zersetzen dort abgestorbenes Pflanzenmaterial zu wertvollem Humus. Durch ihre Fraßtätigkeit helfen sie, organische Stoffe in den Boden einzubringen und ihn zu lockern. Gelegentlich verirren sie sich in Keller oder Gewächshäuser, insbesondere bei feuchtwarmer Witterung.
Bandfüßer hingegen sind etwas seltener anzutreffen und unterscheiden sich deutlich von den Schnurfüßern durch ihren breiteren, abgeflachten Körperbau mit charakteristischen seitlichen Wülsten an den Segmenten. Ein Beispiel ist der Gefleckte Bandfüßer (Brachydesmus superus), der nur wenige Zentimeter groß wird, aber eine besonders effektive Rolle als Zersetzer spielt. Bandfüßer sind wahre Spezialisten im Abbau von Laub und Holz und tragen maßgeblich zur Humusbildung bei. Sie sind besonders in feuchten Lebensräumen aktiv, etwa in Wäldern, unter Steinen oder in schattigen, feuchten Gartenbereichen.
Bild: Massenauftreten von Bandfüßern (Polydesmidae) in einem Pflanztopf – meist harmlos, doch bei Nahrungsmangel können sie gelegentlich an Wurzeln knabbern. Eine gute Bodenbelüftung und Trockenhaltung helfen, sie in Schach zu halten.
Während sich viele Tausendfüßer bei Gefahr einfach zusammenrollen und hoffen, übersehen zu werden, haben Bandfüßer eine zusätzliche Strategie: Sie besitzen spezielle Wehrdrüsen, die chemische Abwehrstoffe absondern. Einige Arten produzieren dabei sogar cyanidhaltige Sekrete, die für kleine Fressfeinde wie Ameisen oder Spinnen giftig sein können. Für Menschen sind diese Mengen jedoch harmlos und höchstens leicht reizend. Besonders faszinierend ist, dass einige Froscharten, insbesondere in Südamerika, eine Resistenz gegen diese chemische Verteidigung entwickelt haben und sich gezielt von Bandfüßern ernähren – ein beeindruckendes Beispiel für evolutionäre Anpassung!
Lebensraum von Tausendfüßern – Wo sie sich wohlfühlen
Tausendfüßer sind vor allem dort zu finden, wo es feucht, schattig und reich an organischem Material ist. Sie verstecken sich unter Steinen, in Totholz, Laubschichten oder Kompost und leisten dabei wertvolle Arbeit: Durch das Zersetzen von abgestorbenem Pflanzenmaterial tragen sie zur Humusbildung und Bodenverbesserung bei.
Ein gutes Beispiel sind die Bandfüßer (Polydesmidae), die bevorzugt in humusreichen Böden leben. Ihr flacher Körper hilft ihnen, sich durch enge Spalten in der Laubstreu zu bewegen, während sie Holz- und Pflanzenreste verwerten. In natürlichen, wenig bearbeiteten Böden fühlen sie sich besonders wohl und tragen zur Nährstofffreisetzung bei.
Ihre Rolle als natürliche Recycler
Die meisten Arten sind Zersetzer, die sich von abgestorbenem Pflanzenmaterial ernähren. Laub, Holzreste, vermodernde Wurzeln, Moose und Algen gehören zu ihren Hauptnahrungsquellen. Während sie das organische Material aufnehmen und verdauen, zerkleinern sie es und bereiten es für Mikroorganismen auf – ein wichtiger Prozess für die Humusbildung und Bodenfruchtbarkeit.
Dabei gibt es Unterschiede zwischen den Arten: Schnurfüßer bevorzugen weicheres organisches Material und fressen vor allem vermoderndes Laub oder Holz. Sie helfen dabei, abgestorbenes Pflanzenmaterial in wertvolle Nährstoffe umzuwandeln und verbessern so die Bodenstruktur. Bandfüßer sind dagegen besonders effiziente Zersetzer mit kräftigen Mundwerkzeugen. Sie können selbst härteres Pflanzenmaterial verarbeiten und raspeln sogar Pilzbeläge von verrottendem Holz ab. Dadurch beeinflussen sie indirekt die Verbreitung bestimmter Pilzarten und tragen zu einem gesunden Bodenleben bei.
Tausendfüßer im Kompost – Unermüdliche Helfer im Zersetzungsprozess
Im Kompost werden Tausendfüßer zu echten Recycling-Assen. Ähnlich wie Regenwürmer helfen sie dabei, pflanzliche Abfälle zu zerkleinern, wodurch das Material schneller verrottet und besser durchlüftet wird. Ihre winzigen Fraßpartikel sind ideale Häppchen für Pilze und Bakterien, die den Abbauprozess weiter vorantreiben. So entstehen wertvolle Nährstoffe, die schließlich als hochwertiger Humus deinen Beeten zugutekommen.
Damit sich Tausendfüßer wohlfühlen, sollte der Kompost leicht feucht, aber nicht zu nass sein. Eine ausgewogene Mischung aus grobem und feinem Material – etwa Laub, Rasenschnitt, geeigneten Küchenabfällen und kleinen Zweigen – schafft ideale Bedingungen.
Das gelegentliche Umsetzen des Komposts sorgt für eine bessere Sauerstoffzufuhr, verteilt die Zersetzer und beschleunigt den Abbau organischer Materialien. Tausendfüßer bevorzugen in der Regel abgestorbenes Pflanzenmaterial, doch einige Arten, wie der Gefleckte Doppelfüßer (Blaniulus guttulatus), können in seltenen Fällen auch geschwächte Wurzeln oder Keimlinge anfressen. Ein gut durchlüfteter Kompost mit reichlich abgestorbenem Material bietet ihnen jedoch ausreichend Nahrung, sodass sie sich vorrangig auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren – den natürlichen Recycling-Prozess zu unterstützen und wertvollen Humus zu erzeugen.
Von Ei zu Krabbler – So entwickeln sich Tausendfüßer
Feuchtigkeit spielt eine entscheidende Rolle bei der Fortpflanzung dieser Krabbeltiere. Ihre Eier legen sie in feuchte Bodenmulden oder lockeres Substrat, wo sie vor dem Austrocknen geschützt sind. Die frisch geschlüpften Jungtiere sehen anfangs noch ganz anders aus als die erwachsenen Tiere – sie besitzen weniger Segmente und damit auch weniger Beine. Erst durch mehrere Häutungen wächst ihr Körper allmählich, und mit jeder Häutung kommen neue Segmente und Beinpaare hinzu.
Lebenszyklus
Der Lebenszyklus von Tausendfüßern folgt einem besonderen Muster, das als »anamorphe Entwicklung« bezeichnet wird. Das bedeutet, dass die Tiere nicht mit ihrer endgültigen Anzahl an Segmenten und Beinen schlüpfen, sondern diese erst nach und nach durch Häutungen hinzufügen.
- Schnurfüßer (Julida) legen ihre Eier meist in feuchte Erde oder unter Laubstreu ab. Die frisch geschlüpften Larven besitzen oft nur drei bis vier Beinpaare. Mit jeder Häutung nimmt die Zahl der Körpersegmente und Beine zu, bis die Tiere ihre adulte Form erreicht haben. Die Entwicklung kann zwei bis mehrere Jahre dauern, da sich Schnurfüßer bis zu 10-12 Mal häuten, bevor sie geschlechtsreif werden. Ihre Lebenserwartung liegt oft zwischen vier und sieben Jahren.
- Bandfüßer (Polydesmidae) haben eine etwas andere Entwicklungsstrategie. Ihre Larven besitzen nach dem Schlüpfen oft schon mehr Segmente und Beine als die von Schnurfüßern. Sie häuten sich in der Regel fünf bis sieben Mal, bis sie ihre endgültige Größe erreichen. Der gesamte Entwicklungsprozess ist meist schneller als bei Schnurfüßern, und ihre Lebenserwartung liegt bei etwa ein bis drei Jahren.
Besonderheit: Fortpflanzung ohne Männchen
Ein faszinierendes Phänomen in der Welt der Tausendfüßer ist die »Parthenogenese« – eine Form der ungeschlechtlichen Fortpflanzung, bei der sich Weibchen ohne Befruchtung durch ein Männchen vermehren. Sie legen unbefruchtete Eier ab, aus denen dennoch lebensfähige Nachkommen schlüpfen. Diese Strategie ist besonders häufig bei bestimmten Bandfüßer-Arten (Polydesmidae) zu beobachten und ermöglicht es ihnen, sich auch in isolierten Lebensräumen oder unter ungünstigen Bedingungen rasch auszubreiten.
Langsames Wachstum und natürliche Regulierung
Da Tausendfüßer insgesamt relativ langsam wachsen und viele Häutungen durchlaufen müssen, bevor sie ausgewachsen sind, bleibt ihre Population meist im Gleichgewicht. Eine explosionsartige Vermehrung ist selten und wird oft durch klimatische Bedingungen oder das Nahrungsangebot gesteuert. Dieser natürliche Kreislauf sorgt dafür, dass Tausendfüßer langfristig eine stabile und wichtige Rolle im Ökosystem spielen.
Tausendfüßer: Nützling oder Schädling?
Tausendfüßer sind in erster Linie Nützlinge, da sie abgestorbenes Pflanzenmaterial abbauen und so zur Humusbildung beitragen. Durch ihre Tätigkeit verbessern sie die Bodenstruktur, fördern das Bodenleben und sorgen dafür, dass Nährstoffe wieder in den Kreislauf gelangen.
Doch unter bestimmten Bedingungen können Tausendfüßer auch lästig werden. In feuchten Gewächshäusern oder nach langen Regenperioden kann es zu Massenvermehrungen kommen. Wenn das natürliche Nahrungsangebot nicht ausreicht, knabbern manche Arten gelegentlich an weichen Wurzeln oder Keimlingen – ein Verhalten, das jedoch eher die Ausnahme ist.
Die gute Nachricht: In einem gut gepflegten Garten reguliert sich ihre Population meist von selbst. Natürliche Feinde wie Igel, Kröten, Laufkäfer und Vögel halten sie in Schach. Wer für einen ausgewogenen Boden sorgt und Staunässe vermeidet, hat wenig zu befürchten. Unterm Strich sind Tausendfüßer also weit mehr Helfer als Schädlinge – und ein wichtiger Bestandteil eines gesunden Gartenökosystems.
Vorsicht im Gewächshaus: Tausendfüßer lieben feuchtwarmes Klima
Für Tausendfüßer ist das Gewächshaus ein wahres Wellness-Paradies: warm, feucht und voller organischem Material – ideale Bedingungen für eine rege Vermehrung. Besonders nach längeren Regenperioden oder wenn der Boden dauerhaft feucht bleibt, kann es vorkommen, dass sich größere Gruppen dort ansiedeln. Normalerweise ernähren sie sich von abgestorbenem Pflanzenmaterial, doch wenn das Futter knapp wird, können sie gelegentlich an zarten Keimlingen oder geschwächten Wurzeln knabbern.
Damit es gar nicht erst so weit kommt, lüfte dein Gewächshaus regelmäßig, um die Luftfeuchtigkeit zu reduzieren, und vermeide Staunässe durch eine gut durchlässige Erde. Tipp: Tausche einmal im Jahr einen Teil des Substrats aus oder lockere es gründlich, damit sich die Krabbler gar nicht erst zu wohl fühlen. Entferne außerdem abgestorbene Blätter sofort, damit sich keine zusätzlichen Futterquellen ansammeln.
Tausendfüßer im Haus: Was tun?
Ab und zu verirrt sich ein Tausendfüßer in feuchte Kellerecken, ins Badezimmer oder in andere kühle, dunkle Räume. Keine Panik – sie sind völlig harmlos: Sie beißen nicht, übertragen keine Krankheiten und richten im Haus keinerlei Schaden an. Meistens sind sie einfach auf der Suche nach einem feuchten Unterschlupf, besonders nach langen Regenperioden oder wenn sich das Klima draußen verändert.
Am einfachsten wirst du sie wieder los, indem du sie vorsichtig mit einem Glas einfängst und draußen im Garten wieder freilässt. Um zu verhindern, dass sie überhaupt ins Haus gelangen, hilft es, Keller und feuchte Räume regelmäßig zu lüften oder einen Luftentfeuchter zu nutzen. Außerdem solltest du Spalten, Türschlitze und undichte Fenster abdichten, damit die Krabbler keinen Zugang finden.
Ein kleiner Geheimtipp: Manche schwören auf intensive Düfte wie Lavendel oder Pfefferminzöl in dunklen Ecken – das soll Tausendfüßer davon abhalten, sich dort niederzulassen. Auch ein trockener Außenbereich ums Haus hilft: Entferne Laub, Mulch oder feuchtes Holz in direkter Nähe zur Hauswand, damit sich die Tierchen dort gar nicht erst ansiedeln. So bleiben sie draußen, wo sie ihren wichtigen Job im Garten erledigen – und nicht in den eigenen vier Wänden.
Welche Pflanzen können betroffen sein?
Obwohl Tausendfüßer hauptsächlich abgestorbenes Pflanzenmaterial fressen, kann es in seltenen Fällen vorkommen, dass sie an lebenden Pflanzen knabbern – vor allem, wenn ihr natürliches Nahrungsangebot knapp wird. Besonders Keimlinge und junge Pflanzen mit weichem Gewebe stehen dann auf dem Speiseplan, da ihre Wurzeln und Stängel leicht zu durchbeißen sind. Betroffen sind häufig Gemüsepflanzen wie Salat (Lactuca sativa L.), Karotten (Daucus carota subsp. sativus), Radieschen (Raphanus sativus var. sativus) oder Gartenbohnen (Phaseolus vulgaris), die in humusreichen, feuchten Böden wachsen. Auch Erdbeeren (Fragaria) und andere weiche Früchte, die direkten Bodenkontakt haben, können gelegentlich Fraßspuren aufweisen.
So schützt du deine Beete und Töpfe
Wenn sich Tausendfüßer im Garten oder Gewächshaus stark vermehren, kann es gelegentlich passieren, dass sie an empfindlichen Jungpflanzen knabbern. Besonders anfällig sind dabei Pflanzen in Hochbeeten oder Töpfen, da sich hier die Feuchtigkeit oft länger hält und die Tausendfüßer kaum natürliche Feinde haben. Doch keine Sorge: Mit ein paar einfachen Maßnahmen kannst du deine Pflanzen schützen, ohne auf chemische Mittel zurückzugreifen.
- Boden regelmäßig lockern: Ein gut durchlüfteter Boden verhindert Staunässe, die Tausendfüßer anzieht. Lockere die Erde mit einer Harke oder Grabegabel, damit sie nicht zu feucht bleibt. Besonders in Hochbeeten oder Gewächshäusern ist das wichtig, da sich dort Feuchtigkeit oft länger hält.
- Mulch als Ablenkung nutzen: Eine Mulchschicht aus Rindenmulch, Laub oder Stroh bietet Tausendfüßern ausreichend totes Pflanzenmaterial als Nahrungsquelle. So haben sie genügend Futter und lassen gesunde Pflanzen eher in Ruhe. Gleichzeitig verbessert Mulch die Bodenstruktur und hält die Feuchtigkeit im Gleichgewicht.
- Natürliche Barrieren setzen: Empfindliche Jungpflanzen kannst du mit natürlichen Schutzringen versehen. Kaffeesatz, Gesteinsmehl oder zerkleinerte Eierschalen um die Pflanzen gestreut schaffen eine raue Oberfläche, die Tausendfüßer ungern überqueren.
- Fressfeinde fördern: Igel, Kröten, Laufkäfer und Vögel sind natürliche Feinde der Tausendfüßer. Indem du Unterschlüpfe wie Laub- und Holzhaufen im Garten belässt, bietest du diesen Nützlingen ein Zuhause und hältst die Tausendfüßer-Population auf natürliche Weise in Schach.
- Gewächshaus lüften: Tausendfüßer lieben warme, feuchte Ecken – perfekte Bedingungen für eine starke Vermehrung. Lüfte dein Gewächshaus regelmäßig, um die Luftfeuchtigkeit zu reduzieren, und sorge für einen gut durchlässigen Boden, um Staunässe zu vermeiden.
- Gesunde Jungpflanzen kaufen: Starke, widerstandsfähige Pflanzen sind weniger anfällig für Schädlinge. Achte beim Kauf darauf, dass deine Jungpflanzen kräftige Wurzeln haben – so sind sie besser gegen mögliche Fraßschäden durch Tausendfüßer gewappnet.
Tausendfüßer im Garten willkommen heißen – so geht’s!
Warum bekämpfen, wenn man sie als fleißige Helfer im Garten nutzen kann? Mit wenig Aufwand lassen sich perfekte Bedingungen schaffen, um Tausendfüßern ein gemütliches Zuhause zu bieten. Laub- oder Totholzhaufen, alte Baumstümpfe oder Mulchschichten aus Rasenschnitt, Laub oder Stroh liefern ihnen nicht nur ausreichend Futter, sondern auch sichere Rückzugsorte. Ein besonders wertvoller Tipp: Eine Benjeshecke – also eine locker geschichtete Totholzhecke aus Ästen und Zweigen – bietet nicht nur Tausendfüßern einen idealen Lebensraum, sondern lockt auch zahlreiche andere Nützlinge wie Käfer, Vögel und Kleinsäuger an.
Bild: Eine Benjeshecke aus Totholz bietet Tausendfüßern einen idealen Lebensraum. Zwischen den Ästen finden sie Schutz, während sie abgestorbenes Pflanzenmaterial zersetzen und so zur Humusbildung und Bodenverbesserung beitragen.
Solche naturnahen Strukturen schaffen ein stabiles Mikroklima: Der Boden bleibt länger feucht, wird mit wertvollem Humus angereichert und bietet ideale Bedingungen für eine Vielzahl von Bodenlebewesen. Gleichzeitig profitieren natürliche Räuber wie Igel, Kröten oder Vögel, die sich über die ein oder andere proteinreiche Mahlzeit freuen und so ganz nebenbei für ein natürliches Gleichgewicht sorgen. Wer zudem auf eine vielseitige Gartengestaltung mit Steinhaufen, Wildblumen, kleinen Wasserstellen und schattigen Verstecken setzt, stärkt das gesamte Nahrungsnetz und fördert eine gesunde Artenvielfalt. Auch eine abwechslungsreiche Bepflanzung mit heimischen Gehölzen und blühenden Stauden trägt dazu bei, dass sich Nützlinge dauerhaft ansiedeln.
Drei überraschende Fakten, die du noch nicht kanntest
Tausendfüßer sind nicht nur für ihre unzähligen Beinchen bekannt, sondern auch für einige erstaunliche Eigenschaften, die viele überraschen. Wusstest du, dass einige Arten mehrere Jahre alt werden können? Oder dass sie sich auf besondere Weise verständigen? Hier sind drei spannende Fakten über diese faszinierenden Krabbler, die du vielleicht noch nicht kanntest:
- Bandfüßer haben eine einzigartige Körperform mit seitlichen »Flügeln«: Im Gegensatz zu den eher rundlichen Schnurfüßern sind Bandfüßer deutlich breiter und wirken fast abgeflacht. Der Grund dafür sind ihre seitlichen Körperauswüchse, die als »Paranota« bezeichnet werden. Diese seitlichen Wülste verleihen ihnen ein auffälliges, segmentiertes Aussehen und können je nach Art mit kleinen Dornen oder Mustern verziert sein. Doch diese Strukturen sind nicht nur Zierde: Sie helfen Bandfüßern, sich besser im Laub zu verbergen und erschweren es Fressfeinden, sie zu fassen. Manche Forscher vermuten, dass die breite Körperform auch zur Stabilisierung beim Krabbeln in unebenem Gelände dient.
- Schnurfüßer, die häufigsten Tausendfüßer in unseren Gärten, sind erstaunlich langlebig. Während viele kleine Bodenbewohner nur wenige Monate oder Jahre leben, kann der Schwarze Schnurfüßer (Tachypodoiulus niger) bis zu sechs oder sogar sieben Jahre alt werden. In kühleren Regionen verlängert sich ihre Lebensdauer zusätzlich, da sie im Winter nicht aktiv sind. Dann ziehen sie sich in tiefere Bodenschichten oder geschützte Verstecke unter Laub und Holz zurück, um der Kälte zu entkommen. Auch ihr Speiseplan ist vielseitig: Neben abgestorbenem Laub und Holz fressen Schnurfüßer auch Moos, Algen und Nadelstreu. Zwar sind sie keine aktiven Pilzverbreiter, doch indem sie organisches Material abbauen, tragen sie indirekt zur Bodenstruktur bei und schaffen bessere Bedingungen für Mikroorganismen.
- Und als wäre das nicht spannend genug, gibt es Hinweise darauf, dass Schnurfüßer auf Erschütterungen reagieren und möglicherweise über Bewegungen miteinander kommunizieren. Besonders bei der Paarung setzen die Männchen gezielte Körperbewegungen ein, um das Weibchen zur Fortpflanzung zu animieren. Auch wenn wir ihre „Gespräche“ nicht wahrnehmen können, zeigt das, dass sie viel mehr sind als nur kleine Recyclingmaschinen – sie haben eine ganz eigene, faszinierende Welt, die wir gerade erst besser verstehen.