Ein gesundes Wurzelwachstum bei Kübelpflanzen ist die Grundlage für herrliche Blüten und gesundes Laub. Doch wie bei so vielen Phänomen, die wir nicht direkt sehen können, wissen viele Gärtnerinnen und Gärtner relativ wenig über das Wurzelwachstum und wie man es fördern kann. Damit sich das ändert, habe ich in diesem Beitrag die wichtigsten Hintergründe und Tipps zusammengestellt. So könnt auch ihr 'unterirdisch' etwas für die Wurzeln eurer Kübelpflanzen tun.

Sind die Wurzeln gesund und wachsen kräftig, dann bleiben auch Blüten nicht aus - wie beim Agapanthus.
Inhaltsverzeichnis
- Kleine Wurzelkunde
- Funktionen des Wurzelapparats
- Aufbau des Wurzelapparats
- Wie Wurzeln wachsen
- So könnt ihr das Wurzelwachstum anregen
- Die passende Erde
- Ein geeignetes Pflanzgefäß
- Die richtige Pflege für mehr Wurzelwachstum
- Rechtzeitiges Umtopfen
- Staunässe vermeiden
- Richtig gießen
- Unkraut entfernen
- Erde lockern
- Bodenorganismen fördern
Kleine Wurzelkunde
Eigentlich kann eine Wurzelkunde nicht 'klein' sein, denn die Wurzeln von Pflanzen bieten zahlreiche interessante Aspekte, von denen viele wichtig für das Gedeihen der Pflanzen sind. Spätestens mit dem bekannten Bestseller 'Das geheime Leben der Bäume' von Peter Wohlleben wurde einem breiteren Publikum die faszinierende Welt der Wurzeln ins Bewusstsein gerufen. Das Bäume über die Wurzeln kommunizieren und ein 'Wood Wide Web' bilden -wie von Wohlleben geschildert- hat auch mich überrascht und beeindruckt.

Ein gleichmäßig durchwurzelter Ballen beim Olivenbaum
Funktionen des Wurzelapparats
Damit sind wir schon bei den Kübelpflanzen, denen ja das Wood Wide Web verwehrt wird. Den Wurzeln der Pflanzen in Topf und Kübel bleibt der Kontakt zu Nachbarpflanzen zwangsläufig verwehrt. Was den Wurzeln sonst noch fehlen könnte, entdeckt ihr nur, wenn ihr die Funktionen und Beschaffenheit der Wurzeln kennt.
Die Wurzeln haben im Wesentlichen zwei Aufgaben: Sie verankern die Pflanzen im Boden und versorgen sie mit Nährstoffen und Wasser. Weiter sind sie 'Sparringspartner' des Laubs, das sie mit Wasser und Nährstoffen versorgen und Energie in Form von Kohlehydraten, also Zucker, zurückbekomen.
Dabei haben sich Pflanzen auch im Wurzelbereich an ihre natürlichen Standorte angepasst und ganz unterschiedliche Wurzelapparate entwickelt. Allen Wurzeln gemeinsam ist, dass sich unterschiedliche Wurzeltypen gebildet haben: Kräftige Primär- und Seitenwurzeln dienen der Verankerung, während zarte Feinwurzeln die Nährstoffversorgung übernehmen. Dabei gehen sie Symbiosen mit Pilzen ein, die den Pflanzen helfen, im Wasser und Erdreich vorhandene Nährstoffverbindungen aufzulösen und aufzunehmen. Im Gegenzug versorgen die Wurzeln die Pilze mit Zucker.

Wenn es den Wurzeln im Kübel zu eng wird, wachsen sie entlang der Wand - wie hier bei einem Mandarinenbaum.
Aufbau des Wurzelapparats
Pflanzen in ihrer natürlichen Umwelt können ihre Aufgaben ganz unterschiedlich wahrnehmen. Entsprechend haben sie bei ihrem Wurzelapparat ganz unterschiedliche Typen entwickelt. Dort, wo die Pflanzen besonders viel Halt brauchen -etwa in Bergwäldern- spielt die Verankerung eine wichtige Rolle und es werden mächtige, verholzende Pfahlwurzeln gebildet. In trockenen Regionen und Wüsten wird das Wurzelsystem weit ausgebreitet, um möglichst viel Wasser einzusammeln. In Steppen und Tundren, wo viel Platz und viele Nährstoffe verfügbar sind, bilden sich eher flache Wurzelapparate. Bei der Auswahl eines Pflanzgefäßes, eines Kübels- oder Topfes sollte also der Aufbau des Wurzelapparats eine Rolle spielen, damit die Wurzeln nicht unnatürlich begrenzt werden.

Beim Madeira Storchschnabel wachsen die stützenden Seitenwurzeln oberhalb der Erde.
Wie Wurzeln wachsen
Wurzeln sind Pioniere, sie erobern Lebensräume für Pflanzen. Insofern kennen sie nur eine Wuchsrichtung und die führt sie weg von Stamm oder Stengel. Eine Wurzel wächst stets so weit sie kann, wird aber entweder von Hindernissen oder von fehlenden Nährstoffen und Energie gebremst. Stoßen Sie auf ein Hindernis, so wachsen die Wurzeln daran vorbei, es sei denn sie können das Hindernis nicht umgehen. Dann wachsen Wurzeln im Kreis weiter.
Die Feinwurzeln gehen im Wachstum voran und vernetzen sich mit der Mykorhizza der Pilze, die zugleich die kommunikative Verbindung zwischen einzelnen Pflanzen bildet (allerdings nicht bei den 'Einzelkindern' im Topfgarten). Die Wuchsrichtung wird auch von Feuchtigkeit und Kühle geleitet, denn diese versprechen die besten Bedingungen für reichliche Nährstoffe.

Ein vollständig durchwurzelter Agapanthustopf
In Kübeln kommt es zu einer Situation beim Wurzelwachstum, die man als 'Ringwurzeln' bezeichnet. Da die Wurzeln 'eingesperrt' sind, wachsen sie im Kreis und verdichten sich. Das erschwert die Nährstoffaufnahme und belastet damit das Wachstum der Pflanze. Deshalb ist regelmäßiges Umtopfen eine der wichtigsten Maßnahmen, wenn ihr das Wurzelwachstum beschleunigen wollt.

Ringwurzeln bei einer Winde - die Verdichtung schwächt das Wachstum der Wurzeln.
So könnt ihr das Wurzelwachstum anregen
Nur gesundes Wurzelwachstum bei Pflanzen führt auch zum Wachstum von Laub und Krone sowie der Bildung von Blüten und Früchten. Daher kommt dem Wurzelwachstum eine besondere Bedeutung zu. Den größten Einfluss auf das Wurzelwachstum könnt ihr beim Umtopfen nehmen, aber auch in der Pflege ergeben sich Möglichkeiten, die Wurzeln zu fördern.

Lockere, nährstoffhaltige Pflanzerde, die auch die Struktur behält, ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für Wurzelwachstum.
Die passende Erde
Wer die Förderung des Wurzelwachstums anstrebt, sollte besonderes Augenmerk auf die Erde legen. Wurzeln benötigen Wasser, Nährstoffe, aber auch Sauerstoff. Auch eine Stabilität der Struktur hilft den Wurzeln bei der Aufnahme von Nährstoffen und damit beim Wachstum. Das erfordert eine Erde, die
- Nährstoffe enthält,
- auch feste Bestandteile enthält,
- Wasser speichert und
- dennoch durchlässig ist.
Diese Eigenschaften sind -je nach Herkunft und Anpassung der Pflanze- unterschiedlich ausgeprägt. Pflanzen aus trockenen Gebieten wie Sukkulenten brauchen besonders viel Sauerstoff und wenig Wasser. Bei feuchteliebenden Pflanzen, die wie etwa der Oleander aus Feuchtgebieten stammen, ist es umgekehrt. Insgesamt sollte man bei allen Pflanzen auf ausreichende Belüftung der Wurzleln achten. Dafür sorgen Abflusslöcher, aber auch regelmäßiges Auflockern der Erde an der Oberfläche. Im unteren Bereich der Erde im Kübel sorgt eine Drainageschicht für die Stabilität und Abfluss des Wassers. Für Nährstoffe sorgen Humusanteile, für die Wasserspeicherung Tonanteile. Die Erde sollte torffrei sein, das gebietet schon allein der Klimaschutz.

Wenn die Erde auch nach 2 Jahren wenig durchwurzelt ist, sollte man das Wurzelwachstum fördern.
Ein geeignetes Pflanzgefäß
Wer das Wurzelwachstum stimulieren möchte, sollte auch beim Kübel oder Pflanzgefäß sorgfältig sein. Die fast schon klassische Frage ist 'Ton oder Plastik'. Beide Pflanzgefäße haben ihre Vorteile: Kunststoff ist leicht und günstig in der Anschaffung, Ton oder Terracotta dagegen besonders schön und isolierend. Auch die Atmungsaktivität von natürlichem Material spricht für die Terracotta. Während Kunststoff keine Isolierung und damit Schutz vor Wärme bietet, kann Terracotta sowohl Hitze als auch Kälte mildern. Außerdem nimmt das Material Feuchtigkeit auf und gibt sie wieder ab. Also: Wurzeln würden Terracotta wählen.
Neben den konventionellen Gefäßen gibt es auch bei Topf und Kübel die eine oder andere Innovation. So bietet Lechuza Pflanzgefäße, die auch einen Wasserspeicher haben. Zusammen mit einem eigenen Pflanzgranulat sind die Lechuzatöpfe eine gute Alternative für mediterane Pflanze. Besonders innovativ sind sogenannte Air Pots. Sie haben seitliche Öffnungen, die die Wurzeln belüften.
Die richtige Pflege für mehr Wurzelwachstum
Wenn ihr bei der Pflege eurer Kübelpflanzen an die Wurzeln denkt, werden sie es euch danken. Hier ist ein Katalog an Pflegemaßnahmen, die ihr regelmäßig durchführen solltet.
Rechtzeitiges Umtopfen
Wenn die Wurzeln aus den Abflusslöchern herauswachsen, ist es höchste Zeit für neue Erde. Aber auch, wenn ihr keine Wurzeln aus den Löchern wachsen seht, solltet ihre alle 2, bei großen Pflanzen alle 3 Jahre umtopfen. Achtet beim Umtopfen unbedingt auf genug Platz im Topf für Gießwasser. Der Abstand zwischen der Oberkante des Wurzelballens und der Oberkante des Topfes sollte einige Zentimeter betragen. Gerade bei großen Töpfen muss genug Platz für Gießwasser sein.
Staunässe vermeiden
Wasser und Sauerstoff müssen in der Erde in einem guten Verhältnis stehen. Daher gießt stets mit Vorsicht. Bei den meisten Pflanzen sollte die Erde im oberen Drittel des Topfes spürbar abtrocknen, bevor wieder gegossen wird. Am Besten setzt ihr einen Feuchtigkeitsmesser* ein, um nicht zu viel zu gießen und die Wurzeln zu ertränken. Ausreichende Abflusslöcher und Topffüße unterstützen den Wasserabfluss.
Richtig gießen
Bei den meisten mediterranen Pflanzen wird selten, dafür durchdringend gegossen. Wenn die Erde abgetrocknet ist, könnt ihr wieder gießen und bei dieser Gelegenheit auch düngen (aber nur in der Vegetationszeit und auch nur einmal in der Woche).

Ist die Pflanzscheibe mit Unkraut bewachsen, ist die Belüftung der Wurzeln eingeschränkt.
Unkraut entfernen
Wenn die Pflanzscheibe voller Unkraut, verfilzt und zugewachsen ist, ist das Erdgefängnis für die Wurzeln noch hermetischer. Ihr müsst nicht jedes kleine Pflänzchen entfernen. Die Pflanzscheibe sollte aber nicht vollständig zugewachsen sein. Das gilt auch für Unterpflanzungen, die nur in ganz großen Töpfen sinnvoll ist.
Erde lockern
Um die Wurzeln besser zu belüften, lohnt es sich auch, die Pflanzscheibe im Topf immer wieder einmal mit einer Hacke aufzulockern.
Bodenorganismen fördern
Die Erde in unseren Kübeln ist ein Lebensraum für unzählige Bodelebewesen und Mikroorganismen. Diese helfen den Pflanzen, gebundene Nährstoffe aufzuschließen und den Boden zu lockern. Allerdings ist das Bodenleben im Kübel eingeschränkt, da der Austausch mit dem natürlichen Boden fehlt. Es gibt daher ein großes Produktangebot zur Verbesserung des Bodenlebens. Allerdings kann man sich teure 'Mittelchen' sparen, wenn man soviel natürliche Erde wie möglich verwendet. Auch die wichtigen Bodenpilze sind grundsätzlich im Wurzelbereich einer Kübelpflanze vorhanden. Daher ist es auch keine gute Idee, eine Kübelplanze wurzelnackt zu machen. Nur wenn Wurzeln faulig sind, muss man diese Erdpartien entfernen.
Fotos und Text: Dr. Dominik Große Holtforth
Literatur: Geoff Hodge - Botanik für Gärtner, Köln 2015
Hallo Herr Große Holtforth
ich habe mir von meinem letzten Urlaub auf Teneriffa u. a. Samen des Jacarandabaums mitgebracht. Alle haben erfolgreich gekeimt und wachsen prächtig. Nun weiß ich ja, wie groß so ein Baum wird… Kann man sie an unser Klima gewöhnen und irgendwann auspflanzen? Ist eine Kübelpflanzung möglich? Die Töpfchen stehen zurzeit im Wintergarten auf einem Tisch mit vollem Licht und genießen die große Wärme in diesem Sommer, die in einem Wintergarten schon mal 35° und mehr erreichen kann.
Ich hatte mir vor Ort auch Samen von Strelitzia alba gekauft. Ein Samen ist aufgelaufen und das Pflänzchen ist jetzt ca. 5 cm groß. Können Sie mir auch hierzu vielleicht ein paar Tipps geben?
Vielen Dank im Voraus.
C. Dickmann
Hallo Frau Dickmann,
den Jacarandabaum können Sie auch im Kübel halten, dieser sollte aber ausreichend groß sein. Auch die Strelitzia alba ist eine beliebte Kübelpflanzen, die allerdings im späten Winter blüht. Wichtig ist in allen Fällen ausreichende Wärme und das richtige Maß an Feuchtigkeit. Als Jungpflanzen brauchen sie nicht ganz so viel Sonne und reagieren empfindlich auf zuviel Wasser oder Trockenheit.
Bei weiteren Fragen dürfen Sie sich gerne melden.
Viele Grüße
Dominik Große Holtforth