Ich bin - als Schweizer sowieso - etwas verwirrt. Bei uns ist eine Marmelade eine Konfitüre. Schon mit dem Fruchtaufstrich - sorry Véronique - tue ich mich ziemlich schwer. Das tönt für mich eher nach einer unappetitlichen medizinischen Routine als nach einem Sonntagsfrühstück. Auch dass das eine sortenmässig gemischt sein könnte und das andere eher pur, dass wie in einigen Definitionen die Marmelade keine sichtbaren Fruchtstücke enthält, die Konfitüre aber sehr wohl, das alles ist mir, ja uns Schweizern überhaupt zutiefst fremd. Man kann es ja mit den Differenzierungen auch zu weit treiben. Wenn Sie mich fragen, gibt es auf dem Frühstückstisch genau zwei wichtige Dinge: die Confi und den Hungg, die Konfitüre und den Honig.
Nun wird man ja fast nie dümmer, wenn man bei Wikipedia nachliest. Und meine Erwartungen sind dieses Mal nicht nur nicht enttäuscht, sondern sogar weit übertroffen worden: Eine Marmelade gibt es eigentlich gar nicht. Darf es nicht geben. Nur ganz ein bisschen bei den für einmal vereinigten Süd- und Engländern mit den Bitterorangen. Was bleibt ist die Konfitüre.
Und das haben wir Schweizer erfunden! Kann gar nicht anders sein. Denn erst am 24. Juli 1979 - also lange nach Confi und Hungg - verfasste die EU die "Richtlinie zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Konfitüren, Gélees und Marmeladen", die am 26, Oktober 1982 - und wir fügen hinzu: viel zu spät - von Deutschland in Deutsches Recht überführt worden ist, und zwar mit der lange überfälligen Konfitürenverordnung. Und was wurde da endlich rechtlich verbindlich festgehalten? "Um Verwechslungen in englischsprachigen Verkehrskreisen zu vermeiden, wurden die wörtlichen Übersetzungen des im englischen Sprachraum nur für Produkte aus Zitrusfrüchten (insbesondere Bitterorangenmarmelade) verwendeten Ausdrucks marmalade (also auch das deutsche Wort "Marmelade") EU-weit ausschließlich für Zitrusmarmeladen reserviert. Die Vorschrift verbietet es, Aufstriche aus anderen als Zitrusfrüchten im Verkauf als "Marmelade" zu bezeichnen."
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Für einmal können sich also die Schweizer glücklich schätzen, dass sie keine EU-Vorschriften autonom nachvollziehen müssen. Dennoch möchten wir lieber nicht von Aufstrichen sprechen.
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Thema: Rezepte, Kochen, Essen
Aber die Engländer sollten es sich schon überlegen, ob sie weiter Bitterorangenmarmelade essen wollen.