Für einen Newsletter überlegte ich mir kürzlich, was sich der Granatapfelbaum »überlegen« könnte, wenn er sich entscheidet, ob er überhaupt Blüten differenzieren will. Zusätzlich beeinflusst der eigenwillige Granatapfel auch aktiv, ob die Blüten nur funktionell männlich sein sollen (und damit eigentlich unfruchtbar), oder ob sie doch vollwertig zwittrig mit männlichen und weiblichen Organen ausgestattet werden und damit die Möglichkeit haben, Früchte und Samen zu produzieren. Pflanzensex ist manchmal sehr speziell, immer aber sehr spannend.
Ein bisschen habe ich das Gefühl, dass das Vermenschlichungsverbot nichts anderes ist, als der Versuch, das Primat des Homo sapiens fortzuschreiben. Nur wir denken, nur wir haben ein Bewusstsein. Wie kommen wir dazu, der so sachlichen, sach-nahen Pflanze Eigenschaften zuzuschreiben, die wir bisher nur Tieren und uns als dem obersten Tier zugestanden haben?
Wenn wir Pflanzen als Lebewesen ernst nehmen wollen, haben wir gar keine andere Möglichkeit, als sie aufgrund der zunehmenden Kenntnisse etwas zu vermenschlichen. Wir sind nämlich definitiv keine Pflanzen. Wir sind Menschen. Wir kommen aus unserer Perspektive nicht raus. Und die Pflanzen sind definitiv keine Sachen, sondern Lebewesen wie wir. Und was sie tun und lassen, hat irgendwie mit ihrer Perspektive auf die Welt zu tun.
Vielleicht sind ja die Unterschiede Mensch-Pflanze gar nicht so gross. Vielleicht liegt das grössere Problem nicht in der Vermenschlichung der Pflanze, sondern in ihrer fast schon krampfhaften Versachlichung. Da kommt z.B. unsere kleine Stadt, Buchs SG auf die aberwitzige Idee, den Garten und die Pflanzen zu einem verpflichtenden Teil einer Baubewilligung zu machen. Stahl, Beton, Holz und Pflanzen – alles in einem Topf.
Da kommt mir noch ein weiterer letzter Gedanke: Ich rede ja im Artikel über das Blüh- und Fruchtungsverhalten der Granatapfelbäume letztlich über ihr Sexualverhalten. Was bitte – so meine letzte Frage an mich und an Euch – überlegen wir Menschen eigentlich beim Sex?
herzlich
Markus Kobelt