Warum trägt mein Granatapfelbaum keine Früchte? Liegt es bereits an der Granatapfelbaum Blüte? Diese Frage wird beim Granatapfel wohl am häufigsten gestellt. In diesem Artikel zeigen wir die wichtigsten Gründe für den fehlenden Fruchtertrag auf. Wir erklären, wie, wann und warum sich beim Granatapfel Blüten bilden. Daraus ergeben sich einige Massnahmen, die helfen können, den Granatapfel zum Blühen zu bringen und schliesslich auch Früchte zu erhalten.
Inhaltsverzeichnis
- Was sind die wichtigsten Gründe, dass Granatapfelbäume in unserem gemässigten und winterkalten Klima keine Blüten bilden?
- 1. Juvenilität
- 2. Frost
- 3. Unbefriedigender Kulturzustand
- 4. Granatapfelbaum Blüte: Nur männliche Blüten
- Wie funktioniert die Blütenbildung beim Granatapfel?
- Blütenbildung bei nördlichen Obstarten
- Bildung der Granatapfelbaum Blüte
- Die »Überlegungen« und Strategien des Granatapfels
- Was bitte nützen denn die funktionell männlichen Blüten?
- Massnahmen zur Verbesserung der Blütenbildung
- 1. Frostschutz
- 2. Kein Schnitt
- 3. Wohlfühlbehandlung im Mai
Zusammenfassung
Granatapfelbäume differenzieren die Blütenknospen nicht im Vorjahr (wie die meisten Fruchtarten der gemässigten Zonen), sondern nur ca. 1 Monat vor dem Beginn der Blütenausfaltung. Wenn der Granatapfelbaum in unserem nördlichen Klima zu diesem Zeitpunkt zu jung, zu schwach oder schlecht ernährt ist, wird er darauf verzichten, Blüten zu entwickeln. Aus dieser Erkenntnis ergeben sich die wichtigsten Massnahmen, um den Fruchtansatz von Granatapfelbäume bei uns im Norden zu fördern: Pflanze warm stellen, zusätzlich düngen.
Was sind die wichtigsten Gründe, dass Granatapfelbäume in unserem gemässigten und winterkalten Klima keine Blüten bilden?
Es gibt im Wesentlichen 4 Gründe, warum ein Granatapfelbaum oder -Strauch keine Früchte bildet:
1. Juvenilität
Der Baum ist noch zu jung und hat sozusagen die Geschlechtsreife noch nicht erreicht. Letztlich lassen viele Pflanzen, und vor allem auch viele Fruchtbäume die Blüte erst zu, wenn der Baum genügend alt, genügend stark und entwickelt ist, um die Früchte ausreifen und bis zum Schluss ernähren zu können. Zwar hat auch der Granatapfelbaum das Interesse, sich zu vermehren, das Überleben der Art zu sichern, aber das macht nur Sinn, wenn er die grossen Früchte auch tragen und ernähren kann, wenn sich also die Investition in Blüte und Frucht/Samen lohnt. Diese Juvenilitätsphase ist beim Granatapfel relativ ausgeprägt, sie kann 3–7 Jahre dauern.
2. Frost
Der Granatapfel ist eine subtropische bis tropische Obstart. Er kann teilweise mit Kälte umgehen, die Winterhärte kann bis zu -12/-14°C gehen, aber er ist halt nur bedingt winterhart (grosse Unterschiede auch zwischen den Sorten). Und wenn er zurückfriert, dann werden zuallererst die meisten letztjährigen Triebe zerstört, die auch das grösste Potential für Blüten bieten. Zusätzlich spielt ein Frostschaden auch der Juvenilität in die Hände: Frost verlängert ganz einfach die juvenile Phase, der Baum wird immer wieder 1–2 Jahre zurückversetzt.
3. Unbefriedigender Kulturzustand
Dieser dritte Grund ist schwer zu beschreiben und auch nicht umfassend wissenschaftlich geklärt. Aber formulieren wir es so: Wenn sich der Granatapfelbaum nicht umfassend wohl fühlt, wird er partout keine Blüten bilden. Für eine erfolgreiche Blütenbildung muss er sich in einer guten Position sehen, erfolgreich Früchte auszubilden oder zumindest seinen Pollen zu verbreiten. Und das sind die wichtigsten Wohlfühlfaktoren: Sonne und Wärme, genug Wasser, guter Ernährungszustand.
4. Granatapfelbaum Blüte: Nur männliche Blüten
Der Granatapfelbaum kann 3 unterschiedliche Blütentypen entwickeln:
(a) Zwittrige Blüten mit voll entwickelten männlichen und weiblichen Organen: Staubfäden, Griffel und Narbe. Diese Blüten haben eine bauchige Vasenform.
(b) Funktionell männliche Blüten, bei denen die weiblichen Organe verkümmert sind. Insgesamt sind diese Blüten bis zu 20/30% kleiner als vollständige Blüten, sie haben eher eine Glockenform, der Vasenbauch fehlt, der die zukünftige Frucht anzeigt.
(c) Zwischenformen, ja die gibt es tatsächlich auch, in der Regel bleiben diese aber unfruchtbar, bilden keine Früchte aus. Es ist typisch für Granatapfelbäume, dass sie eigentlich fast immer beide Hauptblütenformen (a) und (b) ausbilden; die funktionell männlichen Blüten sind meist in der Mehrheit, zwischen 90 und 50%. Junge oder geschwächte Pflanzen oder Granatapfelbäume, die gerade zum ersten Mal blühen, bilden nicht selten auch ausschliesslich funktionell männliche Blüten aus; auf die Gründe dafür gehe ich weiter unten ein.
Bild: Aufgeschnittene, funktionell männliche Blüte mit vorhandenen, aber verkümmerten weiblichen Organen.
Wie funktioniert die Blütenbildung beim Granatapfel?
Die Blütenbildung beim Granatapfel versteht man am besten, wenn man sie mit den bekannten Obstarten unseres nördlichen Klimas vergleicht.
Blütenbildung bei nördlichen Obstarten
Die Blütenbildung beim Granatapfel funktioniert ganz anders als bei den meisten bekannten Obstarten (Apfel, Birne, Zwetschge, Kirsche, Pflaume, Pfirsich, Aprikose) des gemässigten, aber winterkalten Klimas. Diese einheimischen Obstarten differenzieren die Blütenknospen im Vorjahr meist ab Juli bis in den Herbst hinein. Die Blütenknospen sind spätestens im Vorwinter vollständig vorhanden und ausdifferenziert, sie müssen dann nur noch über den Winter kommen. Dies wird dadurch erleichtert, dass spezielle Hemmstoffe vorhanden sind, die die übers Jahr entstandenen Blütenorgane am Austrieb hindern und sie ruhig und schlafend sicher überwintern lassen. Wir können uns zur besseren Erklärung dieser Strategie auch kurz die möglichen (oder eben doch eher unmöglichen) Alternativen für die klassischen Obstarten überlegen: Gäbe es die Hemmstoffe nicht, würden die Blüten unregelmässig und viel zu früh austreiben und im Winter erfrieren. Aber warum gehen unsere einheimischen Fruchtbäume dann überhaupt das Risiko der Überwinterung der Blütenknospen ein? Ganz einfach, weil die gleichzeitige Entwicklung von Trieben, Blüten und Früchten innerhalb der gleichen Vegetationsperiode in der Regel zeitlich nicht aufgehen würde und nicht in die nördliche Vegetationszeit passt. Ausnahmen gibt es natürlich, aber meist sind sie züchterisch aus Mutationen entwickelt worden, die sich ohne das Eingreifen des Menschen wohl nicht durchgesetzt hätten: Herbsthimbeeren beispielsweise, und neuerdings auch unsere zweimal tragenden Heidelbeeren bei Lubera (Hello Again®).
Bildung der Granatapfelbaum Blüte
Und die Blütenbildung beim Granatapfel? Der Granatapfel ist ganz offensichtlich in seinen Ursprungsgebieten als subtropische bis tropische Pflanze geformt worden. Er kann zwar einiges an Winterkälte ertragen (indem er zuallererst mal die Blätter verliert) und sich in winterkalten gemässigten Klimaten auch auf eine Blütenperiode und eine Fruchtungsperiode konzentrieren (in den Tropen und Subtropen geschieht dies eher durchgehend)… Aber für den Granatapfel mit der grundsätzlich eher kontinuierlichen Blüte macht es keinen Sinn, die Investition in Blütenorgane früh (jedenfalls Monate vor der Blüte selber) zu wagen und sie dann als schlafende Blütenknospen über den Winter zu bringen (den es so für den Granatapfel im Süden vielfach nicht gibt). Ein solches Unterfangen könnte sogar kontraproduktiv sein: Die Hemmstoffe, die den Blütenaustrieb für bis zu 8 Monate verhindern, werden im Wesentlichen durch die Winterkälte abgebaut. Und wenn es diese Winterkälte nicht gibt… Daraus hat der Granatapfelbaum die Konsequenzen gezogen: Er differenziert die Blütenknospen erst ganz kurz vor dem Austrieb der Blüte, ca. 1 Monat vorher. Vor diesem Zeitpunkt sind die Knospen des Granatapfelbaums in einem gemässigten Klima weitgehend undifferenziert. Sie können zwar etwas grösser oder kleiner sein, aber sie zeigen noch keine spezifischen Blütenorgane, wenn man sie unter dem Mikroskop untersucht. Interessanterweise wurde dies erst kürzlich von G. Ferrara und anderen nachgewiesen (Anatomical characteristics of the buds in different pomegranate cultivars, ActaHortic 2022) – obwohl dies eine entscheidende Grundlage für die Behandlung von Granatäpfeln in winterkalten Gebieten darstellt.
Die »Überlegungen« und Strategien des Granatapfels
Und jetzt versetzen wir uns mal kurz in die Situation des Granatapfels, der wie alle Lebewesen bestrebt ist, nicht nur individuell zu überleben, sondern die Art zu erhalten, sich fortzupflanzen und zu vermehren. Er wird also ca. 30 Tage vor dem Blütenaustrieb, bevor die Blüte als solche sichtbar wird, seine Situation ganzheitlich checken: «Bin ich stark genug, die Investition, die zusätzlich Energie für die Blüten und Früchte und Samen aufzubringen. Und wie gross sind meine Erfolgsaussichten.» Dabei ist der »denkende« Granatapfelbaum zu ziemlich differenzierten Entscheidungen fähig: Er kann nämlich nicht nur entscheiden, ob er überhaupt Blüten ausbilden mag (und das nur ca. 30 Tage vor dem Aufbrechen der Blütenknospen), er kann zusätzlich steuern – und dies wahrscheinlich nochmals etwas später – ob oder zu welchem Anteil nur funktionell männliche Blüten (mit einer kleineren Energieinvestition), oder aber auch vollständige Blüten mit entwickelten männlichen und weiblichen Organen ausdifferenziert werden sollen (als grössere Investition in die Zukunft). Das Verhältnis zwischen vollständig zwittrigen zweigeschlechtlichen Blüten und funktionell nur männlichen Blüten kann je nach Sorte und Lebenssituation der Pflanze zwischen 0:100 und 40:60 variieren. In unserem Klima kann es auch vorkommen, dass keine oder fast keine zwittrigen Blüten mit vollentwickelten männlichen und weiblichen Organen ausgebildet werden.
Frühe, zuerst erscheinende Blüten haben eine grössere Wahrscheinlichkeit, vollentwickelt zu sein als späte Blüten. Aus Sicht des Granatapfels ist der Fall glasklar: Frühe Blüten haben eine grössere Chance, sich zu reifen Früchten und Samen zu entwickeln.
Was bitte nützen denn die funktionell männlichen Blüten?
Aber warum werden denn überhaupt männliche, letztlich disfunktionale Blüten entwickelt, was nützt das dem Granatapfel? Die Frage ist berechtigt und meint implizit, dass ja eine männliche Blüte für den Baum selber keine Garantie fürs Überleben oder Weiterleben darstellt. Aber die Überlegung greift zu kurz: Auch die männlichen Blüten helfen über den Pollen, vermittelt vom Wind (relativ unbedeutend) und Insekten, die Genetik weiter zu verbreiten. Deshalb sind männliche Blüten aus Sicht des Granatapfels auch ganz positiv, vielleicht sogar gleich wertvoll wie die vollständigen zwittrigen Blüten. In einer längerfristigen evolutionären Betrachtungsweise haben die funktionell männlichen Blüten sogar den Vorteil, dass sie die Diversität fördern, weil sie eine gute Chance haben, die weiblichen Blüten eines anderen Individuums zu befruchten. Bei den zweigeschlechtlichen Blüten dagegen besteht immer die »Gefahr« der Selbstbefruchtung, die zwar uns Menschen und Kultivateure freut (gibt mehr Früchte), aber Diversität eher verhindert.
Massnahmen zur Verbesserung der Blütenbildung
Aus dem Gesagten ergeben sich einige Folgerungen für die Verbesserung der Blütenbildung bei Granatäpfeln in unserem Klima:
1. Frostschutz
Es muss alles unternommen werden, um das Überleben der älteren Äste, aber vor allem auch der letztjährig gewachsenen Triebe über den Winter zu sichern. Dazu gehören sicher Sortenwahl und Winterschutz. Wir vermehren bei Lubera nur Granatapfel-Sorten, die in unserem Klima eine gute Überlebensfähigkeit gezeigt haben und nicht jedes Jahr zurückfrieren. Grundsätzlich ist wohl die Kultur als Kübelpflanze am sichersten. Der Granatapfel im Kübel kann nach dem Blattfall ab ca. Dezember auch in einem dunklen oder wenig hellen Gebäude sicher gelagert werden. Ab April wird die Kübelpflanze dann wieder ausgeräumt, wobei als erster Standort mit Vorteil ein Wintergarten oder etwas ähnliches gewählt wird. Damit ist es dem Granatapfel möglich, sich schnell und ungefährdet vor möglichen Frühlingsfrösten Richtung Austrieb und Blüte zu entwickeln.
2. Kein Schnitt
Möglichst lange kein Schnitt, ein starker Rückschnitt sendet dem Granatapfelbaum eine ähnliche Nachricht wie ein Frostschaden: «Ich muss mich erholen, ich muss meine Organe neu aufbauen. Da habe ich ganz sicher keine Energie für Blüten, die nie etwas nützen werden, solange ich sie nicht bis zum Samen entwickeln kann.» Allenfalls kann beim Pflanzen die Anzahl der Triebe des Granatapfelstrauchs auf 3–4 reduziert werden. Wir verkaufen Granatapfelbäume nämlich als Sträucher und nicht als Bäume, da erstere viel frostresistenter sind.
3. Wohlfühlbehandlung im Mai
Wenn wir in unserem Klima eine Blütezeit im Juni, meist zwischen Anfang und Mitte Juni haben, so müssen wir vor allem im Mai dafür sorgen, dass sich unsere Granatäpfel möglichst wohl fühlen, warm stehen, eine gute Sonneneinstrahlung geniessen und auch gut aufgedüngt sind (vor allem N und P). Sie sind dadurch eher motiviert und in der Lage, überhaupt aus allgemeinen Knospen Blütenknospen und vielleicht sogar vollentwickelte zweigeschlechtliche Blüten zu differenzieren, die sich erfolgreich zu Früchten entwickeln können. Neben dem schon im April ausgebrachten Langzeitdünger (20 g pro 5l Topfvolumen, verteilt auf mehrere Depots im Topf) wird im Mai bis Juni zusätzlich auch mit einem Frutilizer Instant Bloom Flüssigdünger angegossen, der die richtigen zusätzlichen Nährstoffe für die Blütenbildung liefert. Der Granatapfel mag ja auch mit männlichen Blüten ganz zufrieden sein, wir Menschen – eigennützig wie wir sind – halten Früchte für noch wertvoller😉 Und diese gibt es nicht ohne grosse zwittrige Blüten mit vollentwickelten männlichen und weiblichen Organen…